Antoine de Saint-Exupéry
Der kleine Prinz
Der kleine Prinz verlässt seinen kleinen Heimatplaneten. Bei seiner Reise besucht er sechs Kleinstplaneten, lernt dort erstmals andere Menschen mit ihren Eigenarten kennen:
Den Machtliebenden, der herrschen und beherrschen will.
Den Eitlen, der bewundert werden will für sein gutes Aussehen, sein »Wissen«, seinen Besitz.
Einen Trinker, der gesteht, dass er trinkt, weil er vergessen will. Auf die Frage, was er denn vergessen wolle, antwortet er, er wolle vergessen, sich zu schämen. Wofür er sich denn schäme? Dass er trinke …
Den Geschäftsmann, der nur »Business« und Zahlen im Kopf hat, für nichts anderes sich Zeit nimmt, außer um noch mehr Besitz anzuhäufen.
Der Einzige, den der kleine Prinz nicht lächerlich findet, ist der dienstbeflissene Laternenanzünder, der zwar in blinder Pflichterfüllung nicht mehr nach dem Sinn seiner Arbeit fragt, der jedoch als Einziger sich um anderes kümmert als nur um sich selbst.
Auf dem sechsten Planeten trifft er einen Wissenschaftler, einen »gelehrten Theoretiker«, der in seiner angelernten Verstandesgläubigkeit keinen Bezug zur Wirklichkeit hat.
Schließlich kommt er auf den Planeten Erde, wo er sich mit einem Fuchs und einem Piloten anfreundet. —
Die Erzählung handelt auch vom Liebeskummer des kleinen Prinzen, der sich von seiner launenhaften großen Liebe getrennt hat. Fern von ihr fühlt er sich weiterhin für sie verantwortlich und möchte wieder zurückkehren auf seinen kleinen Planeten.
Als Leser hoffe ich, dass die Schöne durch den Trennungsschmerz und bis zum Wiedersehen mit ihrem Beschützer ihre Fehler abgelegt haben wird; denn eitel ist sie, selbstgefällig und ab und zu hat sie den kleinen Prinzen auch angelogen. —
Pu
PS: Als ich das nachfolgende Manuskript der Buchbesprechung von RW las, wurde mir deutlich, dass ich nur
das gefühlt »Schöne« herausgelesen und die problematischen Stellen im »Kleinen Prinzen« überlesen hatte.
*
Ein kleines Buch, das in vielen Rezensionen sehr gelobt wird.
Ob es zu empfehlen ist? Es ist viel ernster als Illustrationen und Worte den Anschein geben!
Ich las das Büchlein zum ersten Mal, als ich etwa 12 Jahre alt war und mochte den Kleinen Prinzen nicht. Das Buch war nett, aber der kleine Prinz war mir in seiner Ichbezogenheit, die Fragen und Nöte anderer nur beachtete, wenn er etwas davon hatte, nicht besonders sympathisch. Er fragte zwar viel, bemerkte auch, dass fast alle Bewohner der kleinen Planeten sich ausschließlich mit sich beschäftigen, doch seine Gedanken kreisten ebenfalls meist nur um sich selbst, seinen kleinen Planeten mit den drei Vulkanen, um sein Schaf und seine Rose.
Auf der Erde fand er Freunde und er hatte sich mit ihnen vertraut gemacht. Die Nöte des Fliegers nahm er anfangs gar nicht wahr, erst später versucht er den Flieger mit den Sternen zu trösten.
Er bleibt nicht lange in der Wüste, die Liebe zu seiner Rose, aber auch Sorgen und Reue drängen ihn bald zu seinem Heimatplaneten zurück. – Ich schätzte den Flieger sehr, der ihn gebraucht hätte.
Heute öffnet sich für mich mehr, wenn ich das Buch lese! Saint-Exupéry hinterlässt ein Buch, das mit feinsinnigem Witz und gleichzeitig gewinnendem Ernst Freundschaft, Schlichtheit, Beharrlichkeit und vermeintliche Arglosigkeit, aber auch Vereinsamung und Wehmut, sogar Verzweiflung vermittelt. Der Autor schafft es aus der Sicht eines Erwachsenen, dem kleinen Prinzen Züge zu geben, die kindlich erscheinen, doch überzeichnet wirken. Der kleine Prinz begegnet auf seinem Weg seltsamen, verhaltensauffälligen »Erwachsenen«, die in ihrer verschrobenen Art ihm nichts Hilfreiches geben
können. Doch auch der kleine Prinz ist nicht bereit, den Erwachsenen etwas zu geben und zu helfen.
Gelangweilt oder bestürzt, amüsiert oder bedauernd verlässt er die »Erwachsenen« wieder.
Eines Tages kommt er zur Erde. Dort begegnet er dem Fuchs, der sich von ihm zähmen und Vertrautheit erfahren lässt. In der Wüste trifft er auf einen Flieger, der ihm seine Zuwendung und seine Freundschaft schenkt.
Als der kleine Prinz in der Wüste den Flieger verlässt, wählt er einen fragwürdigen Weg, um zu seiner Rose und seinem kleinen Heimatplaneten zurückzukehren.
Mir stellt sich die Frage:
Hätte der kleine Prinz, der den Fuchs gezähmt hat, nicht auch Verantwortung für seine Freunde, den Fuchs und vor allem den Flieger, gehabt? Denn mit beiden hatte er sich vertraut gemacht!
Bemerkenswert, wie Saint-Exupéry all die Charaktere in Szene setzt und die Gespräche und scheinbar einfachen
Aussagen, Gedankenschlüsse und manchmal auch Weisheiten in lebhaft gezeichnete Bilder und bildhafte Worte
kleidet. Das Ende der Geschichte im Kapitel 26 minderte leider meine bis dahin von Herzen kommende Zuneigung.
Der kleine Prinz kommt durch den Hinweis des Fuchses zur Überzeugung, dass man für das, was man sich vertraut gemacht hat, auch verantwortlich sei und dass er seine Rose immer noch liebt. Doch er wird von seiner Reue, die Rose allein gelassen zu haben und der Aufgabe, sie zu beschützen, so eingenommen, dass er die Achtung vor dem (Erden-)Leben verliert.
Der kleine Prinz sucht die Schlange auf, um von ihr Sterbehilfe zu fordern, denn sie hatte ihm bei der Ankunft in der Wüste erzählt, sie hätte die Macht ihn weit weg zu bringen. – In der Hoffnung, durch den Tod seines Körpers – zumindest seelisch – wieder zurück zu seiner Rose zu gelangen, lässt er sich von der Giftschlange beißen. Hier, in dieser Szene, hätte ich gehofft, der kleine Prinz würde nicht auf die Schlange hören und gemeinsam mit dem Flieger andere Wege suchen!
Die Geschichte erklärt im gleichen Kapitel auch sinngemäß, dass die Seele, die sich von der Hülle des Körpers löst, in einer anderen Welt weiterleben wird. Während ich diesen Grundgedanken teilen kann, widerstrebt mir von Herzen die erzwungene, unnatürliche Art und Weise der vermeintlichen Rückreise.
Die Geschichte bietet eine vordergründige Sicht auf die Dinge, die durch die Bilder und die Erzählweise arglos und gefühlvoll erscheinen – und parallel dazu die hintergründige, schmerzhafte Seite, die einen engen Bezug zur realen Welt des Autors offenbart.
»Der Kleine Prinz« ist, aus meiner Sicht, kein Kinderbuch, es ist ein Buch für Erwachsene; denn es bedarf gerade in den beiden letzten Kapiteln gründlicher Reflexion. Es ist für junge und alte Menschen, die fähig sind, mit einem vom Herzen geleiteten Denken hinter den Schein zu blicken, sich nicht von vagen Gefühlen ablenken zu lassen.
Der Autor widmet die Geschichte seinem besten Freund Léon Werth. Werth war Jude, der sich im Zweiten Weltkrieg im von deutschen Truppen besetzten Frankreich in einem Dorf versteckt hielt. Die Widmung hat mich berührt – und sollte zur Einstimmung unbedingt mitgelesen werden.
Das Werk regt an, dem Seelischen mehr Aufmerksamkeit zu schenken, weniger an starren Denk- und Verhaltensmustern festzuhalten – und mehr zu empfinden, um das Wesen der Dinge, vor allem wenn es nicht vordergründig sichtbar ist, zu erfassen.
Warum so viel Aufhebens um dieses kleine, so erfolg-
reiche, variantenreich gelobte Buch?
Lesen Sie selbst und ergründen Sie für sich das Wesentliche!
Wie sagt der Autor? »Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.«
RW