Fred Uhlman
Der wiedergefundene Freund
Englischer Originaltitel: Reunion (Erster Teil) und No coward soul (Zweiter Teil)
Der 16-jährige Hans Schwarz hat in seiner Klasse niemanden, der seinem Freundschaftsideal entspricht. Da kommt ein neuer Mitschüler, der gleichaltrige Konradin Graf von Hohenfels. Und für die zwei Jungen beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Erstmals haben die beiden in dem anderen einen Menschen gefunden, mit dem sie alles besprechen können, dem sie alles anvertrauen können, der sich für Gleiches begeistert.
Fast täglich sprechen die beiden Sechzehnjährigen über die Kernfrage:
Wie sollte man das Leben gebrauchen? Für welchen Zweck? Für das eigene Wohl? Für das Wohl der Menschheit? Wie macht man das Beste aus dieser schwierigen Aufgabe?
Die Handlung des ersten Teils spielt 1932. Hans’ Vater, Chefarzt in Stuttgart und im Ersten Weltkrieg Träger des Eisernen Kreuzes, verkennt – wie die meisten Juden – die durch die nationalsozialistische Partei aufkommende Gefahr. Er sagt, dass Hitler nicht sein Vertrauen in Deutschland erschüttere und ist überzeugt, dass die Landsleute von Goethe und Schiller, Kant und Beethoven auf solch einen »Quatsch« nicht hereinfallen können.
Wird auch Konradin auf den Nazi-Quatsch hereinfallen? Es kommt zur Bewährungsprobe für die Freundschaft mit seinem jüdisch deutschen Freund Hans…
Teil I ist aus der Sicht von Hans geschildert. Der zweite Buchteil besteht aus einem langen Brief Konradins an Hans. Es sind die noch fehlenden Teile des Zusammenlegspieles, welche die Leser am Ende des ersten Teils nur ahnen können.
Teil II ist gröber geschrieben. Hat es damit zu tun, dass der Autor Fred Uhlman diesen zweiten Teil erst vierzehn Jahre später veröffentlicht hat?
Die Worte, die Konradin von Hohenfels in seinem Brief verwendet, sind nicht mehr die eines idealistischen Jugendlichen, sondern schildern einen desillusionierten jungen Erwachsenen, dessen Hoffnungen und Träume ertötet worden sind, weil er sich von den Worten Hitlers hatte täuschen lassen. Auch Konradins Verhältnis zu Frauen hat sich gewandelt. Er ist nicht mehr der Konradin, für den als Sechzehnjähriger »Mädchen höhere Wesen« waren. —
Das Buch schildert in ergreifender Weise, wie sogar Ideale suchende Menschen sich zunächst durch großspurige Worte eines »Führers« verführen lassen. Aber Konradin von Hohenfels gehört zu den wenigen, die ihre Leichtgläubigkeit, ihr Mitlaufen und Fehlgehen gutzumachen versuchen. Wie er das angeht, lohnt sich sehr zu lesen!
GK
Zur Auswahl Jugend- und Erwachsenen-Bücher