Hans und Sophie Scholl
Briefe und Aufzeichnungen
Herausgegeben von Inge Jens
Über die Geschwister Scholl, die im Alter von 24 und 21 enthauptet worden sind, habe ich einige Bücher gelesen. Den stärksten Eindruck hinterließen deren eigene Tagebuch-Aufzeichnungen sowie Briefe, welche die beiden im Alter ab 16/18 an Freunde, Freundinnen, Eltern, Geschwister schreiben.
Wir lesen, was sie freut oder worüber sie traurig sind, wovon sie träumen, was sie begeistert oder verabscheuen. Beständig auf der Suche nach Wahrheit, nach Gott. Jugendlich frisch und mit melancholischem Sehnen, lebensbejahend.
Die Leser begleiten Hans beim Militärdienst und im Kriegslazarett, beim Medizinstudium und in seiner Freizeit mit Freunden.
Sophies Werdegang erleben wir während der Schule, in der Kindergärtnerin-Ausbildung, beim Arbeitsdienst und Universtitätsstudium. Beim Lesen ihrer Zeilen steht vor uns eine junge Frau, so lebendig, frisch, ehrlich. Ein Mensch, der lieben konnte: Freunde, Natur, Kunst, Arbeit. Ein Mensch, den manche Leser sehr lieb gewinnen werden.
Sophie weiß von ihren Unarten, aber ist bemüht, diese abzulegen. Ihrem Freund Fritz schreibt sie am 29.5.1940:
Denke nicht nur an mich, wie ich bin, sondern wie ich sein möchte.
Im Mädchenlager findet sie keine echte Freundin (27.4.1941 an ihre Freundin Lisa):
Der einzige, allerbeliebteste und häufigste Gesprächsstoff sind die Männer. Manchmal kotzt mich alles an.
Über ihren Heimweg von der Arbeit (6.11.1941 an ihren Kameraden Otl Aicher):
Jeden Abend und jeden Morgen mache ich einen großen Spaziergang, ganz allein zwischen den verschneiten Feldern und Hügeln, die noch ganz in der Dämmerung liegen. Das ist schön und lässt keine schlechten Gedanken aufkommen.
Bei Ihrer Suche nach dem Weg zu Gott (10.11.1941, Tagebuch):
Als ich einmal so verzagt war, weil ich immer wieder zurückfiel, da wagte ich es nicht mehr zu beten, ich nahm mir vor von Gott nichts mehr zu wollen, bis ich wieder eher bestehen konnte vor seinen Augen.
Und immer wieder der Bericht an die Freunde, was sie gerade liest, verbunden mit der Frage:
Was liest Du denn zur Zeit?
Nicht weniger aufrührend als seine Schwester schreibt Hans Scholl.
Durch diese Briefe und Aufzeichnungen ersteht ein viel tieferes Bild von Hans und Sophie Scholl: In erster Linie sind sie Menschen auf der Suche nach dem Wahren und Edlen, leben das konsequent bis zum Äußersten, wofür sie sich dem in ihrem Heimatland regierenden Unrecht und Übel entgegenstellen.
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