Thea Beckman
Stadt im Sturm

Elisabeth, eine auffallend schöne Persönlichkeit, und ihre fünfzehnjährige Tochter Lina fliehen 1672 aus Augsburg, um der Folterung und Verbrennung als Hexen zu entgehen. Beide begeben sich auf die lange Reise in die Niederlande, wo es eine vom Kaiser und von deutschen Behörden anerkannte Hexenwaage gibt. Mit der Urkunde, dass Elisabeth keine Hexe sein kann, will sie zurück nach Bayern, aber hat wundgelaufene Füße, sitzt völlig entkräftet am Wegesrand. Da bietet der fünfzehnjährige Hans den beiden mittellosen Frauen für einige Tage Unterkunft im Hause seines Vaters in Utrecht an. Als Truppen des französischen Königs Ludwig XIV und des Bischofs von Münster in die Niederlande eindringen, wird es für die zwei Frauen unmöglich, das Land zu verlassen.

Für Hans weitet sich sein Horizont durch Gespräche mit der gleichaltrigen „Hexe“ Lina und durch die Begegnung mit dem zwanzigjährigen Joris, einer freiheitliebenden Frohnatur. Hans erkennt nach und nach, dass um frei und froh zu werden, es viel mehr braucht als Gebete murmeln und tüchtig arbeiten, um viel Geld zu verdienen.

Eindrucksvoll vermittelt das Buch die schwierigen Situationen während der Besatzung durch Soldaten und Söldner, Hans‘ wachsende Sympathie für Lina und sein Verliebtsein, schließlich die Wirbelsturm-Katastrophe, welche die Niederlande heimsucht.

Beim Kauf des Buches empfehle ich, nicht die kurze Inhaltsbeschreibung zu lesen, welche unnötigerweise etwas vorwegnimmt. Auch sind etliche Begriffe aus dem Niederländischen nicht klar genug für deutsche Muttersprachler verständlich. Insbesondere für Leser, die nichts von der niederländischen Geschichte wissen. Das kann der Verlag bei seiner nächsten Auflage verbessern durch ein voran- oder nachgestelltes Wörter- und Personenverzeichnis mit Erklärungen.

Dennoch liest das Buch sich im Großen und Ganzen gut. Die Leser erleben mit, wie der junge Hans sich immer wieder selbst in Frage stellt und dabei Selbsterkenntnisse gewinnt: dass sein Vater und er als Drucker Geld durch das Herstellen von Schmähschriften verdient haben, die voll von üblen Verdächtigungen, Verleumdungen und Rufuntergrabungen waren.

Auch prüft sich Hans, ob er und sein Vater die beiden gestrandeten Frauen im Haus aufgenommen hätten, wenn Elisabeth nicht eine solch außergewöhnliche Schönheit, sondern ein altes, gebrechliches Frauchen gewesen wäre. Die Antwort beschämt ihn.

Ab 12 Jahre, ein Jugendbuch auch für Erwachsene, mit starken Inhalten, spannend geschrieben.

Pu

Von derselben Autorin „Karen Simonstochter“

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