Isolde Heyne
Treffpunkt Weltzeituhr

Inka ist in Leipzig zu DDR-Zeiten geboren. Als sie zwei Jahre alt ist, lassen ihre Eltern sie bei der Großmutter, wollen in den Westen flüchten und rechnen damit, Oma und Kind bald nachholen zu können. Alles ist gut geplant, doch es kommt ganz anders … Der Vater wird beim versuchten Grenzübertritt erschossen, die Mutter wird wegen „Republikflucht“ zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt, die kleine Inka wächst nach dem Tod ihrer Großmutter im Heim auf.

Nach Entlassung aus dem DDR-Zuchthaus darf die Mutter nach Westdeutschland ausreisen. Ihrem  Antrag auf Familienzusammenführung wird stattgegeben und Inka muss ungewollt ihre vertraute Umgebung im Heim sowie ihre Freundinnen verlassen, sie kommt in die Fremde:

Zehn Jahre alt war sie damals gewesen und allein wie niemals zuvor und niemals danach, obwohl am Ende der Straße ihre Mutter auf sie wartete. Aber in diesen Minuten, auf dieser Straße, hatte sie zu niemandem gehört. Von der einen Seite war sie noch nicht aufgenommen und zur anderen Seite gehörte sie schon nicht mehr.
Sie war auf die Frau zugegangen, die da mitten auf der Straße stand und von der man gesagt hatte, das sei ihre Mutter.
© für alle Zitate: 1984 by Arena Verlag

Auch in den nächsten vier Jahren denkt Inka ständig an ihre Freundinnen und alles, was sie in der DDR zurücklassen musste, fühlt sich im Westen nicht zu Hause:

Mir ging es mehr um das, was ich verloren hatte, als um das, was sich mir neu bot.

Vergangenheit und Jetztzeit wechseln sich im Buch ständig ab und machen es dadurch um so packender.

Als ihre Mutter, ein Journalistin, arbeitslos wird, erkennt Inka, dass ihre Mutter sie braucht. Mutter und Tochter finden zusammen. Von Tutty, ihrer beste Freundin, befragt, wo sie lieber leben würde, wenn sie es aussuchen könnte, in der DDR oder im Westen, antwortet Inka:

„… ich glaube, man kann überall leben, wenn man jemand hat, den man mag“, antwortet Inka ihrer besten Freundin.

Das Buch erhielt 1985 den Deutschen Jugendliteraturpreis und hilft dem Leser hautnah das Leid mitzubekommen, das so viele zwischen 1961 und 1989 aufgrund der Mauer und des Todeszauns zwischen Ost- und Westdeutschland erlebten.

R K

Isolde Heyne im Nachwort:

Mit meinen Büchern habe ich mich auf meine Weise gegen die Grenze gewehrt, die aus Stacheldraht und Mauern aufgerichtet worden ist. Jetzt gilt es, auch die Mauern und Zäune in den Gedanken und in den Herzen einzureißen. Dazu muss man wissen, wie das Leben der Menschen … ‚drüben‘ [in der DDR] aussah.

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