Der kleine Prinz

Antoine de Saint-Exupéry
Der kleine Prinz

Der kleine Prinz verlässt seinen kleinen Heimatplaneten. Bei seiner Reise besucht er sechs Kleinstplaneten, lernt dort erstmals andere Menschen mit ihren Eigenarten kennen:
Den Machtliebenden, der herrschen und beherrschen will.
Den Eitlen, der bewundert werden will für sein gutes Aussehen, sein »Wissen«, seinen Besitz.
Einen Trinker, der gesteht, dass er trinkt, weil er vergessen will. Auf die Frage, was er denn vergessen wolle, antwortet er, er wolle vergessen, sich zu schämen. Wofür er sich denn schäme? Dass er trinke …
Den Geschäftsmann, der nur »Business« und Zahlen im Kopf hat, für nichts anderes sich Zeit nimmt, außer um noch mehr Besitz anzuhäufen.
Der Einzige, den der kleine Prinz nicht lächerlich findet, ist der dienstbeflissene Laternenanzünder, der zwar in blinder Pflichterfüllung nicht mehr nach dem Sinn seiner Arbeit fragt, der jedoch als Einziger sich um anderes kümmert als nur um sich selbst.
Auf dem sechsten Planeten trifft er einen Wissenschaftler, einen »gelehrten Theoretiker«, der in seiner angelernten Verstandesgläubigkeit keinen Bezug zur Wirklichkeit hat.
Schließlich kommt er auf den Planeten Erde, wo er sich mit einem Fuchs und einem Piloten anfreundet. —
Die Erzählung handelt auch vom Liebeskummer des kleinen Prinzen, der sich von seiner launenhaften großen Liebe getrennt hat. Fern von ihr fühlt er sich weiterhin für sie verantwortlich und möchte wieder zurückkehren auf seinen kleinen Planeten.
Als Leser hoffe ich, dass die Schöne durch den Trennungsschmerz und bis zum Wiedersehen mit ihrem Beschützer ihre Fehler abgelegt haben wird; denn eitel ist sie, selbstgefällig und ab und zu hat sie den kleinen Prinzen auch angelogen. —

Pu

PS: Als ich das nachfolgende Manuskript der Buchbesprechung von RW las, wurde mir deutlich, dass ich nur
das gefühlt »Schöne« herausgelesen und die problematischen Stellen im »Kleinen Prinzen« überlesen hatte.

*

Ein kleines Buch, das in vielen Rezensionen sehr gelobt wird.
Ob es zu empfehlen ist? Es ist viel ernster als Illustrationen und Worte den Anschein geben!

Ich las das Büchlein zum ersten Mal, als ich etwa 12 Jahre alt war und mochte den Kleinen Prinzen nicht. Das Buch war nett, aber der kleine Prinz war mir in seiner Ichbezogenheit, die Fragen und Nöte anderer nur beachtete, wenn er etwas davon hatte, nicht besonders sympathisch. Er fragte zwar viel, bemerkte auch, dass fast alle Bewohner der kleinen Planeten sich ausschließlich mit sich beschäftigen, doch seine Gedanken kreisten ebenfalls meist nur um sich selbst, seinen kleinen Planeten mit den drei Vulkanen, um sein Schaf und seine Rose.
Auf der Erde fand er Freunde und er hatte sich mit ihnen vertraut gemacht. Die Nöte des Fliegers nahm er anfangs gar nicht wahr, erst später versucht er den Flieger mit den Sternen zu trösten.
Er bleibt nicht lange in der Wüste, die Liebe zu seiner Rose, aber auch Sorgen und Reue drängen ihn bald zu seinem Heimatplaneten zurück. – Ich schätzte den Flieger sehr, der ihn gebraucht hätte.

Heute öffnet sich für mich mehr, wenn ich das Buch lese! Saint-Exupéry hinterlässt ein Buch, das mit feinsinnigem Witz und gleichzeitig gewinnendem Ernst Freundschaft, Schlichtheit, Beharrlichkeit und vermeintliche Arglosigkeit, aber auch Vereinsamung und Wehmut, sogar Verzweiflung vermittelt. Der Autor schafft es aus der Sicht eines Erwachsenen, dem kleinen Prinzen Züge zu geben, die kindlich erscheinen, doch überzeichnet wirken. Der kleine Prinz begegnet auf seinem Weg seltsamen, verhaltensauffälligen »Erwachsenen«, die in ihrer verschrobenen Art ihm nichts Hilfreiches geben
können. Doch auch der kleine Prinz ist nicht bereit, den Erwachsenen etwas zu geben und zu helfen.
Gelangweilt oder bestürzt, amüsiert oder bedauernd verlässt er die »Erwachsenen« wieder.
Eines Tages kommt er zur Erde. Dort begegnet er dem Fuchs, der sich von ihm zähmen und Vertrautheit erfahren lässt. In der Wüste trifft er auf einen Flieger, der ihm seine Zuwendung und seine Freundschaft schenkt.
Als der kleine Prinz in der Wüste den Flieger verlässt, wählt er einen fragwürdigen Weg, um zu seiner Rose und seinem kleinen Heimatplaneten zurückzukehren.

Mir stellt sich die Frage:
Hätte der kleine Prinz, der den Fuchs gezähmt hat, nicht auch Verantwortung für seine Freunde, den Fuchs und vor allem den Flieger, gehabt? Denn mit beiden hatte er sich vertraut gemacht!

Bemerkenswert, wie Saint-Exupéry all die Charaktere in Szene setzt und die Gespräche und scheinbar einfachen
Aussagen, Gedankenschlüsse und manchmal auch Weisheiten in lebhaft gezeichnete Bilder und bildhafte Worte
kleidet. Das Ende der Geschichte im Kapitel 26 minderte leider meine bis dahin von Herzen kommende Zuneigung.

Der kleine Prinz kommt durch den Hinweis des Fuchses zur Überzeugung, dass man für das, was man sich vertraut gemacht hat, auch verantwortlich sei und dass er seine Rose immer noch liebt. Doch er wird von seiner Reue, die Rose allein gelassen zu haben und der Aufgabe, sie zu beschützen, so eingenommen, dass er die Achtung vor dem (Erden-)Leben verliert.
Der kleine Prinz sucht die Schlange auf, um von ihr Sterbehilfe zu fordern, denn sie hatte ihm bei der Ankunft in der Wüste erzählt, sie hätte die Macht ihn weit weg zu bringen. – In der Hoffnung, durch den Tod seines Körpers – zumindest seelisch – wieder zurück zu seiner Rose zu gelangen, lässt er sich von der Giftschlange beißen. Hier, in dieser Szene, hätte ich gehofft, der kleine Prinz würde nicht auf die Schlange hören und gemeinsam mit dem Flieger andere Wege suchen!
Die Geschichte erklärt im gleichen Kapitel auch sinngemäß, dass die Seele, die sich von der Hülle des Körpers löst, in einer anderen Welt weiterleben wird. Während ich diesen Grundgedanken teilen kann, widerstrebt mir von Herzen die erzwungene, unnatürliche Art und Weise der vermeintlichen Rückreise.

Die Geschichte bietet eine vordergründige Sicht auf die Dinge, die durch die Bilder und die Erzählweise arglos und gefühlvoll erscheinen – und parallel dazu die hintergründige, schmerzhafte Seite, die einen engen Bezug zur realen Welt des Autors offenbart.

»Der Kleine Prinz« ist, aus meiner Sicht, kein Kinderbuch, es ist ein Buch für Erwachsene; denn es bedarf gerade in den beiden letzten Kapiteln gründlicher Reflexion. Es ist für junge und alte Menschen, die fähig sind, mit einem vom Herzen geleiteten Denken hinter den Schein zu blicken, sich nicht von vagen Gefühlen ablenken zu lassen.

Der Autor widmet die Geschichte seinem besten Freund Léon Werth. Werth war Jude, der sich im Zweiten Weltkrieg im von deutschen Truppen besetzten Frankreich in einem Dorf versteckt hielt. Die Widmung hat mich berührt – und sollte zur Einstimmung unbedingt mitgelesen werden.

Das Werk regt an, dem Seelischen mehr Aufmerksamkeit zu schenken, weniger an starren Denk- und Verhaltensmustern festzuhalten – und mehr zu empfinden, um das Wesen der Dinge, vor allem wenn es nicht vordergründig sichtbar ist, zu erfassen.

Warum so viel Aufhebens um dieses kleine, so erfolg-
reiche, variantenreich gelobte Buch?

Lesen Sie selbst und ergründen Sie für sich das Wesentliche!
Wie sagt der Autor? »Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.«

RW

 

 

Kensukes Königreich

Michael Morpurgo
Kensukes Königreich

Englischer Originaltitel: Kensuke’s Kingdom

Ab etwa 10 Jahren.

Der junge Michael und seine Hündin werden durch eine nächtliche Windbö von Bord der elterlichen Jacht gespült, aber es gelingt den beiden sich auf eine einsame Südseeinsel zu retten. Dort bleibt ihre Suche nach Essen und frischem Wasser erfolglos. Nach der ersten Übernachtung in einer Höhle ist Michael sehr überrascht, dass jemand ihnen abseits der Höhle etwas zu essen und zu trinken hingestellt hat. Doch wer ist ihr Wohltäter, der ihnen auch an den anderen Tagen mit Wasser und Essen hilft, ohne sich zu erkennen zu geben?

Und dann erblickte ich ihn, den Orang-Utan, durch den Rauchschleier hindurch. Er kauerte neben meinem Feuer und schüttete Sand auf die erlöschenden Flammen. Dann stand er auf, trat aus dem Rauch heraus und kam auf mich zu. Es war gar kein Orang-Utan. Es war ein Mensch.

Es ist Kensuke, ein Japaner, der seit dem Zweiten Weltkrieg allein auf dieser Insel wohnt. Obwohl Michael ganz auf die Hilfe des alten Japaners angewiesen ist, kommt es zum Streit zwischen den beiden, weil Michael weiterhin durch Rauchzeichen hofft, eine Schiffsbesatzung auf sich aufmerksam zu machen, während Kensuke auf keinen Fall mit anderen Menschen Kontakt haben will.

In der F.A.Z.-Rezension »Der neue Robinson ist ein Japaner« schreibt Gundel Mattenklott, dass anders als manche Kinderbücher, welche die Schrecken des Lebens fast bis ins Unerträgliche ausmalen, Morpurgo eine Welt zeichne, der das Kind trotz aller Stürme vertrauen könne. Es gäbe zwar Konflikte und schmerzliche Entscheidungen, aber kein Unglück. Dem Urteil von Frau Mattenklott schließen wir uns an: »So also kann ein Kinderbuch auch beschaffen sein – leicht gleitend durch farbige Szenen mit gutem Ende, freundlich, ohne seicht zu sein.« —

Eine Zeitungsmeldung über einen japanischen Soldaten, der Jahrzehnte alleine auf einer Südseeinsel überlebt hatte, brachte Morpurgo auf die Idee zu dieser mitreißenden und spannenden Erzählung.

RK-GK

Lao-Tse

Lao-Tse
Leben und Wirken des Wegbereiters in China

Wie bei »Buddha« gibt auch dieses Buch aus der »Wegbereiter«-Reihe geistige und irdische Geschehen auf eine Art und in einer Sprache wieder, die dafür empfängliche Hörer oder Leser ergreifen wird.
Mit dreizehn Jahren hatte ich in den Ferien das Glück, das Buch »Lao-Tse« in der Hotelbibliothek zu sehen, wobei mich neben dem Namen auch der gelbe Einband anzog, ähnlich leuchtend wie das Gewand Lao-Tses, des obersten Lamas von Tibet und China.
Lao-Tse klärt die im Dämonenglauben lebende und unter Dämonenangst leidende Bevölkerung auf. Als Ratgeber hat ihn Hou-Tschou, der Kaiser von China, kommen lassen. Da befürchten des Kaisers Höflinge an Einfluss und Macht zu verlieren und beginnen, gegen den Weisen aus Tibet zu agieren. Doch unbeirrt geht Lao-Tse seinen Weg. Auch der Kaiser schließt sich vollends der Lehre Lao-Tses an. Lao-Tses Vorbild und das des Kaisers Hou-Tschou zeigen, wie Menschen sein und handeln sollen, um segensreich für ihr Volk zu wirken und viel Gutes aufzubauen.

GP

Noch vor Lao-Tses Geburt wird seinen Eltern verheißen, dass ihr Sohn Licht ins »Reich der Mitte« bringen wird. Seine Mutter erzieht ihn so, dass er von klein auf alles, was ihm am Herzen liegt, dem Hocherhabenen, also Gott, vorlegt.
Als sein Vater einen Lehrer für den Sohn sucht, wird er mit Lie-Tse zusammengeführt, einem Lama aus einem Kloster in Tibet. Dieser unterrichtet das Kind und nimmt ihn später in sein Bergkloster mit, wo Lao-Tse weiter lernen darf. Aus Tibet kehrt Lao-Tse als Lama in seine chinesische Heimat zurück, um dort gegen die vorherrschende Angst vor Dämonen einzutreten und das Wissen vom Hocherhabenen zu verbreiten.
Dabei wird Lao-Tse von Klosterbrüdern aus Tibet unterstützt. Dies wird von den chinesischen Priestern mit Argwohn betrachtet. Doch ohne die Hilfe der tibetischen Brüder wäre Lao-Tse nicht in der Lage, seine Aufgabe zu erfüllen; denn die Angst vor Dämonen sitzt tief in der Bevölkerung. Auch der Glaube an die früheren »Götter« hält sich hartnäckig. Doch Mönche aus Tibet kommen weiterhin, um Lao-Tse zu unterstützen; denn die Menschen fallen immer wieder in die alten Gewohnheiten zurück.
Mit dem Ableben Lao-Tses schwindet der Einfluss seines Wirkens, auch weil der Sohn des Kaisers als Nachfolger sich nicht in seinem Glauben gefestigt zeigt und falsche Entscheidungen trifft. Alles alte Übel kehrt zurück und schließlich verlassen alle tibetischen Brüder China.

Ein wunderschönes Buch, das zum Nachdenken anregt: Sind wir bereit, die notwendigen Veränderungen in unserem Leben dauerhaft vorzunehmen?

SK

Zitate aus dem Buch »Lao-Tse«:

Jeder, der aus aufrichtigem Herzen strebt, kann Gott finden. Werde klein und demütig, klein vor Dir selbst.

Weise, Gelehrte und fromme Männer haben zum Teil das Wissen um Göttliches durch eigene Gedanken ersetzt. Das sind die Leute, die denen gefährlich werden können, die nach Gott suchen.

Zur Umkehr ist es niemals zu spät, aber man muss aus ganzer Kraft und mit allen Fähigkeiten umkehren. Wenn auch nur ein Gedanke zurückbleibt auf dem Wege, so bleibt man an Vergangenes gebunden.

Horch in Dich hinein. Du wirst geführt, höre auf die Führung. Erbitte Dir alle Tage offene Ohren für die Stimmen von oben, die manchmal nur leise und zart erklingen werden. Sie werden Dich weisen. Dann lasse alles andere beiseite und tue, was die Stimmen von Dir fordern.

 

Richte das Denken der Menschen auf Gutes, so hat das Schlechte keinen Platz.

LAO-TSE

 

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Zarathustra – Zoroaster

Zarathustra – Zoroaster
Leben und Wirken des Wegbereiters in Iran

Ein berührender Einblick in das Leben des weisen Zoroaster, der vor ungefähr 3000 Jahren im Gebiet des heutigen Iran lebte und lehrte. Zoroaster (Bedeutung: der Wegbereiter) wird später von seinen Schülern auch Zarathustra oder Zoro-Thushtra (der Wegerhalter) genannt.

Kann diese Schilderung über eine antike Kultur Leser der heutigen Zeit überhaupt innerlich erreichen, gibt es Gemeinsamkeiten? Durchaus! Denn die menschlichen Stärken und auch Schwächen und ihre Auswüchse, die Ängste und Nöte der Menschen sind in allen Epochen gleich vorzufinden!

Der erste Teil des Buches beschreibt das Heranwachsen des kleinen mutterlosen Saadi und dessen Erleben bis zum gereiften jungen Mann.
Seine Erzieherin, die ihre schöne Heimat der berühmten persischen Rosengärten verlassen hat, um sich seiner anzunehmen, schenkt ihm eine Kindheit voller Liebe und Geborgenheit, fördert sorgfältig seine Anlagen im Wissen um seine künftige Lebensaufgabe. Schon früh zeigt er rasches Auffassungsvermögen, Ausdauer, Gerechtigkeitssinn und Beredsamkeit. Unauslöschlich prägt sich dem frohsinnigen Knaben das tiefe Vertrauen auf den Beistand lichter Helfer ein.

In den Lehrjahren bei seinem Vater, einem Pferdezüchter, erstarkt er während ihres Wanderlebens mit der Herde in freier Natur an Körper und Geist. Stark verbunden ist er mit den Naturwesen.  Mit dem plötzlichen Tod des Vaters beginnt für den Heranwachsenden ein völlig neuer Lebensabschnitt:

Ein greiser Priester nimmt ihn als jüngsten Gehilfen auf und unterrichtet ihn in den Glaubenslehren von dem gütigen Schöpfergott Ahuramazda, der hoch über allen ihm dienenden Göttern steht. Bei einer Feierzeremonie erfährt er ergriffen, dass der nach überlieferter Weis- sagung angekündigte Zoroaster bereits geboren sei und für seine Aufgabe als Wegbereiter des Saoshyant – des verheißenen Helfers für die im Dunkel versinkende Menschheit – vorbereitet werde.

Saadis Wunsch, dem Zoroaster bei seiner großen Auf- gabe beizustehen, wird immer brennender. Nach einer lehrreichen Rundreise im Gefolge des Landesfürsten durch die vielen unterschiedlichen Regionen des Rei- ches, macht er sich auf, den Zoroaster zu suchen. Um einer Begegnung mit ihm würdig zu werden, begibt er sich in die Einsamkeit, wo er gezwungen ist, sein unge- stümes Wesen zu bezähmen und Geduld zu üben. Dabei verfeinert er die Fähigkeit, der Stimme seiner himmli- schen Führung zu lauschen:

Saadi, höre! Es gibt ein großes Gesetz, das durch die ganze Schöpfung geht: Wer nicht säet, der soll auch nicht ernten. Das heißt: wer etwas haben möchte, der soll sich darum mühen.
Darum mühen aber heißt nicht, im Ungestüm darauf- losjagen, die Erfüllung des Wunsches unter allen Umstän- den herbeizwingen zu wollen. Wann der Wunsch erfüllt wird, wann die Ernte reif ist, das hängt von Ahuramazdas Willen ab.
Hat der Mensch das Seine getan, so muss er warten. Genau zu der von Gott bestimmten Stunde darf er dann empfangen, was er sich erarbeitete. Das sollst Du lernen!

Viele geistige Erkenntnisse empfängt er in diesen Jahren, die er in einer abgeschiedenen Hütte in den Bergen verbringt, in Freundschaft verbunden mit den Naturwesen und den Tieren. Und eines Tages geht auch unvermutet Saadis inniger Wunsch in Erfüllung …

Im nächsten Teil des Buches tritt dann der mit Spannung erwartete Zoroaster in Erscheinung.
Voller Mut, Tatkraft und Umsicht bringt er im Laufe seines langen, arbeitsreichen Lebens seinem Volk das Wissen um die ewigen Dinge.

Doch wie so oft, wenn Neues, Unbekanntes an den Seelen der Menschen rütteln will, reagieren diese mit Misstrauen, fanatischem Festhalten am Althergebrachten oder mit träger Gleichgültigkeit. Auch Zoroaster muss solches erfahren, als er seinen Zuhörern in einem einfachen Gleichnis erklärt, wie Menschenseelen so wie Früchte durch einen Wurm in ihrem Inneren verdorben werden können.

Fremdling, wir waren bisher glücklich! Wir fühlen uns nicht als faule Früchte. Wir sehen nichts von dem Wurm. Froh genießen wir unser Leben.«
»Die Frucht merkt auch zuerst nicht, dass der Wurm an ihr zehrt«, gab Zoroaster zurück.
»Auch sieht man es nicht von außen. Aber wartet nur: es kommt der Tag, da kann es nicht mehr verborgen bleiben. Und es kommt der Tag, da tritt der Tod an jeden von Euch heran, da wird die Frucht gepflückt, da wird sie verworfen werden. Was dann? Wo bleibt da Euer Glück?

Unermüdlich findet er Wege, die Menschen aufzuwecken und das Gute in ihnen zu fördern. Mit dem Auftrag aus lichten Höhen, Gottes Willen in Geboten zu künden, gibt er Hilfe und Halt den lauschenden Zuhörern, die dieses Wissen den nachfolgenden Generationen überliefern sollen:

Wegbereiter, höre:
Du sollst den Menschen, die dafür reif sind, die Gebote
bringen, auf dass sie eine feste Leitschnur haben, an die sie sich halten können auf ihrem Wege.
Er ist der Höchste. Neben Ihm ist nichts.
Alles, was Ihr tut, tut zu Seiner Ehre, so wird es Euch selbst den größten Nutzen bringen.
Achtet Euch nicht höher als alles andere Geschaffene. Pflanzen und Tiere haben sich reiner erhalten als Ihr. Vergesst das nicht. Schützen und hegen sollt Ihr sie, dafür werden sie Euch helfen.
Vergesset nicht, dass diese kleine sichtbare Welt, die Euch gegeben ward, nur ein unendlich kleiner Teil jener großen unsichtbaren Welt ist, die Ihr nur ahnen könnt. Denket daran, dass jeder Eurer Schritte auch durch die unsichtbare Welt führt, und tut ihn so, dass Ihr bestehen könnt.
Haltet die Verbindung mit den Dienern des Höchsten allezeit ungetrübt. Sie werden Eure Bitten zu Ihm leiten, wenn Ihr recht bittet. Vor allem anderen aber komme der Dank, und der Dank wandle sich in freudiges Tun!

Ein wesentliches Ziel ist, die Frauen auf den ihnen gebührenden Platz zu stellen:

Da erzählte er ihnen, wie Ahuramazda die Frau gedacht habe. Ausgestattet mit dem feineren Empfinden, sollte sie überall dem Manne vorangehen, ihm die Verbindung mit der höheren Welt vermitteln. Dafür sollte der Mann die Schwächere [Zartere] schützen und ihr auf ihrer Wanderung über die Erde helfen, damit ihre feinen Fähigkeiten unverletzt bleiben konnten.

Doch belehrende Worte allein reichen hier nicht aus, um einen tiefgreifenden Wandel zu schaffen … Umso glücklicher ist Zoroaster, seine unentbehrliche Gefähr- tin an der Seite zu haben. Ihre natürliche Würde und ihre Anmut gebieten den Männern Achtung. Hilfsbereit, liebevoll, ermunternd nimmt sie sich der Frauen an, die, durch ihr sonniges Vorbild angeregt, sich um ihre eige- ne Veredelung bemühen. Jadasa und ihre Helferinnen erwecken die schlummernden weiblichen Stärken und fördern ihr Aufblühen. Denn kein Volk kann gedeihen, solange Frauen ihre innewohnenden Gaben nicht zu entfalten vermögen.

Nicht nur um das Los der Menschen zu verbessern, ist der Wegbereiter gesandt. Er soll die Seelen auf das verheißene Kommen des Weltenrichtes »Saoshyant«, des Befreiers von allem Dunkel, vorbereiten.
Zoroaster stellt den Hörern das geistige Bild der »Brücke des Gerichts« vor Augen, über die jeder nur einzeln gehen kann.

Alle Menschen werden diese Erde verlassen müssen, aber sie werden dabei an die große Brücke Tshinvat kommen, über die man nur einzeln hinübergehen kann. Es hilft nichts, wenn einer sich an den anderen klammern möchte, um sich Kraft und Hilfe zu holen.

Ganz allein muss jeder den Weg gehen. Und während er schreitet, sieht er am Ende der Brücke zwei große, lichte Gestalten, Diener Ahuramazdas. Hinter ihnen aber sitzt auf goldenem Thron der Saoshyant mit dem blanken Schwert. Seine Augen sehen durch jeden Menschen hindurch.

Der eine der lichten Diener des Ewigen hält eine Waage. Tritt nun ein Mensch rasch oder langsam auf ihn zu, je nachdem er gern oder ungern über die Brücke geschritten, so eilt eine Menge kleiner, lichter Diener herbei und trägt alle seine Taten; die guten kommen in die eine Waagschale, die schlimmen in die andere. Nichts gilt bei diesem Gericht als das, was der Mensch sich selber er- worben hat. Unerbittliche Gerechtigkeit bestimmt alles.

Und die Strahlenaugen des Saoshyant schauen auf die Waage. Wo die Schale der guten Taten, Worte und Gedanken herabsinkt, da darf die Menschenseele vollends über die Brücke schreiten und sich hinter dem Stuhle des Weltenrichters aufstellen. Ist dies aber nicht der Fall, so stürzt die Seele von der Brücke hinab in unendliche Tiefen, um nie wieder emporzusteigen!«

Dann kamen abermals Fragen.
»Zoroaster, was wird mit der Schuld, die wir jetzt auf uns gehäuft haben?«
»Jede unserer Taten, ob sie gut oder böse, folgt uns nach wie ein Schatten.«
»Können wir unsere schlechten Taten auch auslöschen? Müssen wir da zählen: ich habe so viel Böses getan, wie Finger an vier Händen sind? Nun muss ich ebenso viel Gutes tun.«
»Nein, das meine ich nicht«, verbesserte Zoroaster. »Ihr müsst genau das Böse, was Ihr getan habt, wiedergutmachen. Erst dann seid Ihr davon gelöst, und es fällt später nicht mehr in die Waagschale.«

Wie aber können nun Menschen, die rechtzeitig ihre Verfehlungen erkennen und gutzumachen suchen, vor dem endgültigen Gericht dafür sorgen, dass ihre Waagschale des Guten einst nicht »für zu leicht befunden« wird?
Zoroaster kündet den Reuevollen die unermessliche Gnade der wiederholten Erdenleben. Nicht nötig ist es jedoch, sich dabei an seine früheren Lebenswege zu erinnern. In tätiger Nächstenliebe und ernsthaftem Streben nach allem Guten und Reinen ist es jedem Menschen möglich, sich aus seinen niederhaltenden Verstrickungen zu lösen.
Dieser Aufruf zur persönlichen Reinigung ist in unserer Zeit des beschleunigten Um- und Zusammenbruchs dringlicher denn je. Denn wer weiß, wie unvermittelt »die Stunde schlägt«, in der jeder sich für sämtliche Regungen seiner Seele, für seine Gedanken, Worte und Taten verantworten muss?

MW

Achtet Euch nicht höher als alles andere Geschaffene. Pflanzen und Tiere haben sich reiner erhalten als Ihr.
Vergesst das nicht. Schützen und hegen sollt Ihr sie, dafür werden sie Euch helfen.

Vergesset nicht, dass diese kleine sichtbare Welt, nur ein unendlich kleiner Teil jener großen unsichtbaren Welt ist, die Ihr nur ahnen könnt. Denket daran, dass jeder Eurer Schritte auch durch die unsichtbare Welt führt, und tut ihn so, dass ihr bestehen könnt.

Haltet die Verbindung mit den Dienern des Höchsten allezeit ungetrübt. Sie werden Eure Bitten zu Ihm leiten, wenn Ihr recht bittet. Vor allem anderen aber komme der Dank, und der Dank wandle sich in freudiges Tun!

ZOROASTER

 

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Die Bibel

Die Bibel

»Wolf im Schafspelz«, »Maul halten«, »Perlen vor die Säue werfen«. Das sagen oder hören wir, ohne zu wissen, dass es sich um Zitate aus einem Buch handelt, das die meisten gegenwärtig selten oder nie lesen.
Weitere Bibelworte sind Teil der Alltagssprache geworden:
»Ein Dorn im Auge«, »Stein des Anstoßes«, »im Dunkeln tappen«, »mit Füßen treten«, »Haare, die zu Berge stehen«, »höllisch Angst«, »ins Fäustchen lachen«, »nicht viele Worte machen«, »nichts Gutes im Sinne haben«, »ein falscher Bruder«, »eine Frau sitzen lassen«, »Spreu vom Weizen trennen« und »der Teufel ist los«. Hinzu kommen Weisheiten, die seit Jahrhunderten zum Volksmund gehören, weil die Lebenserfahrung die Menschen lehrte, dass es tatsächlich so ist:

»Wer Wind sät, wird Sturm ernten.«
»Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Hochmut kommt vor dem Fall.«
»Niemand kann zwei Herren dienen.«
»An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.«
»Schlechte (Böse) Beispiele verderben gute Sitten.«
»Denn was der Mensch sät, das wird er ernten.«
»Denn ihre Werke folgen ihnen nach.«

Kein anderes Buch ist mehr gedruckt worden und keines so oft übersetzt worden wie die Bibel, die eine Sammlung von verschiedenen Büchern ist. Eine einheitliche Bibel gibt es nicht; denn die Juden und Protestanten kennen für das Alte Testament 38 Bücher, die katholische Bibel hat sechs zusätzliche alttestamentarische Bücher.

Wer hat die Bibel geschrieben?

Da das Analphabetentum die Regel und das Lesen- und Schreibenkönnen die Ausnahme war, wurden die im Alten Testament zusammengefassten Berichte, Erzählungen, Weisheitssprüche, Prophezeiungen zunächst mündlich überliefert und erst Jahrhunderte später schriftlich festgehalten. Auch im Neuen Testament wurden die Berichte über Jesus von den Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas Jahrzehnte nach Jesu Hinrichtung zu Papier gebracht. Sie schrieben das auf, was sie von anderen gehört hatten.

Die Bibel – Gotteswort oder Menschenworte?

An dieser Frage scheiden sich seit Jahrhunderten die Geister. Wer den Bibelkenner Goethe zum Wert der Bibel befragte, konnte unter anderem folgende Antworten bekommen:

»Dass in der Bibel sich Widersprüche finden, wird jetzt niemand in Abrede sein.« 1
»Dennoch halte ich die Evangelien alle vier für durchaus echt, denn es ist in ihnen der Abglanz einer Hoheit wirksam, die von der Person Christi ausging und die so göttlicher Art, wie nur je auf Erden das Göttliche erschienen ist.« 2
»Man streitet viel und wird viel streiten über Nutzen und Schaden der Bibelverbreitung. Mir ist klar: schaden wird sie wie bisher, dogmatisch und fantastisch gebraucht; nutzen wie bisher, didaktisch und gefühlvoll aufgenommen.« 3

1 Goethe, Dichtung und Wahrheit
2 Gespräche mit Eckermann, 11.3.1832
3 Goethe, Maximen und Reflexionen

Was ist so bewegend an vielen Bibelstellen?

Für mich immer wieder aufrüttelnd und richtungsweisend sind Worte wie:

Werdet wie die Kinder!
Geben ist seliger als nehmen.
Urteilt nicht nach dem Augenschein, sondern urteilt gerecht!
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Bösen.
Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo Motten und Rost sie fressen und wo Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo weder Motten noch Rost sie fressen und wo Diebe nicht einbrechen und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
Niemand kann zwei Herren dienen: Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. 4
Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Denn wie ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden.
Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge? Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen! – und siehe, ein Balken ist in deinem Auge? Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach kannst du sehen und den Splitter aus deines Bruders Auge ziehen.
Ihr sollt das Heilige nicht den Hunden geben, und eure Perlen sollt ihr nicht vor die Säue werfen, damit die sie nicht zertreten mit ihren Füßen und sich umwenden und euch zerreißen.
Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.
Alles nun, was ihr wollt, das euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch!
Seht euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.
Ein guter Baum kann nicht schlechte Früchte bringen und ein fauler Baum kann nicht gute Früchte bringen.
Wenn jemand nicht arbeitet, der soll auch nicht essen.
Es werden nicht alle, die zu mir sagen »Herr, Herr!«, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel.
Nicht was zum Mund hineingeht, macht den Menschen unrein; sondern was aus dem Mund herauskommt, das macht den Menschen unrein.
Versteht ihr nicht, dass alles, was zum Mund hineingeht, das geht in den Bauch und wird danach in die Grube ausgeleert? Was aber aus dem Mund herauskommt, das kommt aus dem Herzen, und das macht den Menschen unrein. Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Lästerung. Das sind die Dinge, die den Menschen unrein machen.
Da trat Petrus hinzu und sprach zu ihm: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Ist’s genug siebenmal? Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.
Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken.
Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Großen treu; und wer im Geringsten ungerecht ist, der ist auch im Großen ungerecht.
Seid aber Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.

4 Mammon: Geld, Besitz

Hat Christus das wirklich gesagt?

Weil Jesus selbst nichts schriftlich hinterlassen hat, stellt sich beim Lesen die Frage: Sind alle in der Bibel stehenden Worte tatsächlich Jesu Worte? Originalton Christus? Oder haben die Anhänger Jesu auch Missverstandenes weitererzählt und es wurden bei der Jahrzehnte später erfolgten schriftlichen Wiedergabe persönliche Anschauungen sowie eigene Worte eingefügt? Wenn heute zehn Menschen, die vor vierzig Jahren einer Predigt beigewohnt haben, schriftlich berichten sollen, was der Prediger damals wortwörtlich gesprochen hat, so wäre das Ergebnis: zehn verschiedene Predigt-Berichte. Im Falle von Jesu Worten kommt noch hinzu, dass beispielsweise Matthäus in seinem Evangelium auf das Erzählte von anderen zurückgreift, weil er selber Jesus nicht begegnet ist.

So wird es gewesen sein: Christus hat man später auch Worte in den Mund gelegt, die er nicht so gesprochen hatte, wodurch ein anderer Sinn sich ergab.

Trotz offensichtlicher Lücken und Widersprüche: Die Bibel bleibt für mich ein Werk mit vielen, vielen Wahrheiten, wofür ich dankbar bin!

ES

Die Bibel

Ein Buch, das bewegendste Geschehen schildert, geführt von Weisungen aus lichten Höhen, spannend, erregend, erschütternd,
ermutigend, liebevoll, wunderbar,
zu Herzen gehend, im Herzen bleibend,
alt, aber aktuell, in zwei Teilen.

Der 1. Teil: Das Alte Testament:
GOTT, der Schöpfer,
der auch den Menschen schuf,
zeigte den Menschen in Seinen Geboten den Weg zum Licht, zum Paradies.

Der Mensch aber handelte nicht nach GOTTES Weisung und verirrte sich.

2. Teil: Das Neue Testament
GOTT sandte Seinen Sohn zur Erde,
um durch Dessen Vorbild den Menschen zu helfen.
Durch das Wort des Gottessohnes kann jeder Rettung und Erlösung finden und damit die Heimkehr zum ersehnten Paradies.

Die Verführung Evas und Adams durch »die Schlange«, die Sünd-Flut und Noahs Arche, der Turmbau zu Babel mit der Sprachverwirrung, Daniel in der Löwengrube, das von der Pharaonentochter gerettete Moses-Kind, der Kampf Davids gegen Goliath, König Salomons Urteil: Den Kindern sollten diese Geschichten nicht vorenthalten werden!

Das Neue Testament ist wichtig wegen der Geburt des Gottessohnes. »Krippe und Stall« hinterlassen tiefen Eindruck. Doch bei den »Wunder«-Geschichten ist Vorsicht geboten, damit die Kinder in Jesus Christus nicht den »Wunderapostel« oder Zauberer sehen, der anscheinend alles kann!

Für mich ist es stets eine Freude, solche Bibelstellen zu lesen [wie die oben zitierten]; denn klarer kann man es nicht sagen, wie wir handeln sollen. Wenn wir es doch nur tun würden!

MJE

Bibel für Kinder

Auf der Suche nach einer geeigneten Kinderbibel ging ich in eine konfessionelle Buchhandlung mit einer großen Auswahl an für Kinder illustrierten Bibeln.

In einer der Kinderbibeln las ich »Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbilde« und sah daneben eine Farbzeichnung von grobschlächtigen, hässlichen Neandertalmenschen …

Ein anderes Buch zeigte die Jünger Jesu alle mit Kartoffelnasen.

Auch die Versuche, Christus zeichnerisch wiederzugeben, misslingen durch karikaturenhafte, alberne Bilder. Bei Übersetzungen vieler amerikanischen Ausgaben sind Menschen schön, aber kitschig gezeichnet, der Heiland selbst wird »süßlich« dargestellt.

Nach weiteren enttäuschenden Einblicken in das Angebot verließ ich ohne Kinderbibel den Laden.

Einige Tage später fragte ich eine Frau um Rat, die in ihrer Kirchengemeinde für die Kinder- Bibelstunden zuständig gewesen war. Sie hält nichts von Kinder-Bibeln. Stattdessen soll ein Erwachsener bildhaft erzählen. Dann die Kinder das Gehörte nachspielen lassen, z.B. mit Bausteinen. Ab sechs bis sieben Jahren die Kinder das Gehörte malen lassen. Sie meint, es sei nicht falsch, die Bibel zu illustrieren, aber besser, dass das Kind sich eigene Bilder macht von dem Gehörten.

GK

Erfundenes? Gerüchte? Übertreibungen?

Die Schwestern Sabine Rückert, stellvertretende Chefredakteurin der Zeitschrift »Zeit«, und Johanna Haberer, Theologieprofessorin, geben eine Erklärung, warum es um Jesus neben den wahren Wundern auch die erfundenen Wundergeschichten gibt: »Er wurde von seinem ›Gefolge‹ mit einer Aureole5 aus erfundenen Mirakeln geschmückt, um anderen seine Ausstrahlung begreiflich zu machen. Und je intensiver die Star-Geschichten im Umlauf waren, je größer das Interesse und die Neugier des Publikums wurden, desto fantastischer wurden die Taten ausgemalt.« 6
Rätselhaft für mich als Kind war die wundersame Vermehrung von Speisen und so blieb es auch für mich als Erwachsenen, bis ich dann Antwort auf meine Frage fand durch die Antwort auf diese Frage eines anderen Menschen: siehe Nachfolgendes.

5 Strahlenkranz
6 Zeit-Magazin, Nr. 53/2021

GP

FRAGE: 7
Viele Bibelgläubige halten so sehr an den »Wundern« Jesu fest. Wie erklärt Abd-ru-shin das Wunder der Spei- sung von fünftausend Menschen mit einigen Broten und Fischen? Eine Vermehrung der Speise ins Tausendfache ist ja nach den Schöpfungsgesetzen ausgeschlossen.

ANTWORT:
»Auch darüber ist ausführliche Erklärung gegeben in den Niederschriften 8, die das Leben Jesu auf Erden wiedergeben. Wie stets und auch heute noch, sind damals unter den Menschen Gerüchte entstanden, die nicht nur die gesprochenen Worte Jesu entstellten, sondern auch um seine Person selbst bis ins Ungeheuerliche gesteigerte Geschichten woben, die jeder tatsächlichen Grundlage entbehrten.
Jesus selbst war oft entsetzt, wenn er zum ersten Mal an einen Ort kam, zu dem derartige Gerüchte schon vorausgeeilt waren, die ihn an der Menschheit verzweifeln lassen mußten. Zu diesen Gerüchten gehörte auch die Erzählung über die Speisung der fünftausend Menschen, die den Tatsachen nicht entsprach. Wohl hörten ihm fünftausend Menschen zu, er speiste sie dabei mit dem Worte Gottes, das dem Geiste Speise und Trank ist, aber nicht mit irdischen Dingen. […]
Teils aus Phantasie heraus und Übertreibung, teils aus Übelwollen wurden Gerüchte erfunden und verbreitet. Wenn dann die Menschen an die Erzählungen glaubten und Jesus konnte entsprechende Bitten an anderen Orten nicht erfüllen, weil sie mit den Schöpfungsgesetzen nicht übereinstimmten, so mußten sie wähnen, daß er nur nicht wollte! Es wurde damit geschickt Groll ausgesät. Leider wurden auch die falschen Gerüchte für später festgehalten und kamen somit in die Überlieferungen.
Die Menschen brauchen aber doch nur wach zu sein und sich heute ihre Mitmenschen betrachten, so werden sie auch ohne weiteres die Erklärungen von vielen Widersprüchen aus früherer Zeit finden; denn heute sind die Menschen noch genau so, wie sie auch früher schon waren.«

7 Abd-ru-shin, »Fragenbeantwortungen«
8 »Aus verklungenen Jahrtausenden« und »Verwehte Zeit erwacht«

Neben der Bibel weisen wir auf das Buch »Die zehn Gebote Gottes« hin.

Verheißungsvolle Worte von Jesus

Worte Christi aus dem Evangelium von Johannes:
»Ich habe Euch noch viel zu sagen; aber Ihr könnt es jetzt nicht verstehen.
Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, der wird Euch in alle Wahrheit leiten.« 9

Der Apostel Paulus in seinem Brief an die Korinther:
»Unser Wissen ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören!« 10

Wer diese Bibelworte ernst nimmt, wird darin lesen, dass es noch sehr viel mehr zu suchen und finden gibt.   GK

9 Johannes-Evangelium 16, Verse 12-13
10 Erster Korinther-Brief, Kapitel 13, Verse 9-10

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Der Zwang

Stefan Zweig
Der Zwang

Der junge Künstler und Maler Ferdinand lebt zu Beginn des Ersten Weltkrieges mit seiner Frau in der Schweiz. Da bekommt er aus seiner Heimatstadt das befürchtete Schreiben: den Einberufungsbefehl für den Kriegsdienst. Er soll sich beim Konsulat seines Heimatlandes melden, dort Papiere mitnehmen und dann die Schweiz verlassen, um in seinem Geburtsland die Armeeuniform anzuziehen.
Das will er nicht, eigentlich. Doch er schwankt, weil er gehorchen, seine Pflicht erfüllen will.
Als seine Frau spürt, dass er zu schwach ist, um nein zu sagen, beginnt sie mit ihm einen Kampf der Worte. Ein Kampf für ihren Mann und gegen die Kriegsmaschinerie. Mit heißem Herzen auf der Zunge appelliert die Frau an das Gewissen ihres Mannes. Doch bei ihm ist der althergebrachte Zwang zum »Dienst« fürs Vaterland stärker. Und als Ferdinands Kopfgedanken die Stimme seines eigenen Herzens übertönen, stellt die Frau ihn vor die Wahl:
Verlässt er sie für den Krieg, wird sie ihn verlassen – für immer – und nicht auf ihn warten, ob er vielleicht zurückkehrt.
Der Mann weiß, dass die Argumente seiner ihn liebenden Frau richtig sind. Er weiß auch, dass dieser Krieg, der kein Verteidigungskrieg ist, keine gute Sache ist. Durch seine Frau gestärkt, doch weiterhin verunsichert, legt er sich Worte zurecht, um bei der Prüfung im Konsulat als untauglich eingestuft zu werden. Doch als er vor dem Beamten steht, zeigt er sich wieder unentschlossen, tritt ganz unsicher auf und nimmt wort- und widerstandslos seinen Gestellungsbefehl entgegen.

Zurück in seiner Wohnung spricht er kein Wort mit seiner Frau, sondern packt heimlich seinen Rucksack. Als sie merkt, was geschehen ist, sagt sie ihm:

Ich will keinen Feigling als Mann!

Doch auch am Bahnhof lässt sich der Mann von seiner Frau nicht am Besteigen des Zugs abhalten. Beim Umsteigen und Warten an der Schweizer Grenze fährt ein Lazarettzug ein, der im Austausch schwerstverletzte französische Soldaten durch die Schweiz nach Frankreich transportiert.
Ein Wink des Schicksals? Eine letzte Chance umzukehren und dem Krieg fernzubleiben? Soll er auf seine innere Stimme hören? Oder soll er den Weg des geringeren Widerstands gehen und mitmachen wie die anderen?

Stefan Zweig gelingt es, in dieser kurzen Novelle eine Atmosphäre mit allen menschlichen Regungen und Bedenken wiederzugeben. Inhaltlich und auch sprachlich ist es ein Meisterwerk, das von Zeile zu Zeile, von Dialog zu Dialog den Leser auf die seelische Folter spannt.

Pu

SICH ENTSCHEIDEN.  Jeder muss das!

Sich entscheiden. Stellung beziehen, dafür oder gegen: in der Schule, am Arbeitsplatz, im Verein, beim Mili- tär: Tue ich, was ich für richtig halte oder schwimme ich mit der Mehrheit mit?

Folge ich den Anweisungen des Vorgesetzten, des Leiters, obwohl ich das Verlangte gar nicht tun möchte?
Oder sage ich nein!

Pu

„Denn nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein.“
KURT TUCHOLSKY

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