Willi Fährmann
Der lange Weg des Lukas B.
Willi Fährmann
Ab etwa 12 Jahren.
Der 14-jährige Lukas Bienmann schifft sich mit seinem Großvater und weiteren zwölf Zimmerleuten nach Amerika ein. Sie gehören zu den Millionen von europäischen Auswanderern, die dort ihr Glück suchen; denn die wirtschaftliche Situation in Deutschland 1869 ist schlecht. Und sie alle hoffen, nach zwei Jahren mit vielen Dollars in der Tasche nach Ostpreußen zurückzukehren. Auch wünscht der Junge, seinen Vater wiederzufinden, der sich »abgesetzt« hat und für dessen chulden der Großvater als Bürge aufkommen muss.
Auf der Wanderschaft durch die USA finden sie immer wieder Arbeit: sie sägen, hämmern und bauen Lagerschuppen, Häuser, eine Kirche, eine Eisenbahnbrücke – alles so meisterhaft, dass sie weiterempfohlen werden. Unterwegs treffen sie ehrliche und unehrliche, hilfsbereite und eigennützige Leute: weiße und schwarze Amerikaner, Chinesen, Iren, Indianer.
Das Buch liest sich sehr leicht, ist durchgehend spannend. Sehr gut beschrieben ist, wie der alte Zimmermannsmeister in »gutem Wollen« zunächst aus seinem Sohn und später auch aus seinem Enkel tüchtige Handwerker »machen« will, ohne Rücksicht darauf, dass Sohn und Enkel andere Fähigkeiten haben als er, und es sie in andere berufliche Richtungen zieht. Ein Buch, woran handwerklich und Segelschiff-Interessierte ihre besondere Freude haben werden.
Pu
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Isolde Heyne
Treffpunkt Weltzeituhr
Inka ist in Leipzig zu DDR-Zeiten geboren. Als sie zwei Jahre alt ist, lassen ihre Eltern sie bei der Großmutter, wollen in den Westen flüchten und rechnen damit, Oma und Kind bald nachholen zu können. Alles ist gut geplant, doch es kommt ganz anders … Der Vater wird beim versuchten Grenzübertritt erschossen, die Mutter wird wegen „Republikflucht“ zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt, die kleine Inka wächst nach dem Tod ihrer Großmutter im Heim auf.
Nach Entlassung aus dem DDR-Zuchthaus darf die Mutter nach Westdeutschland ausreisen. Ihrem Antrag auf Familienzusammenführung wird stattgegeben und Inka muss ungewollt ihre vertraute Umgebung im Heim sowie ihre Freundinnen verlassen, sie kommt in die Fremde:
Zehn Jahre alt war sie damals gewesen und allein wie niemals zuvor und niemals danach, obwohl am Ende der Straße ihre Mutter auf sie wartete. Aber in diesen Minuten, auf dieser Straße, hatte sie zu niemandem gehört. Von der einen Seite war sie noch nicht aufgenommen und zur anderen Seite gehörte sie schon nicht mehr.
Sie war auf die Frau zugegangen, die da mitten auf der Straße stand und von der man gesagt hatte, das sei ihre Mutter.
© für alle Zitate: 1984 by Arena Verlag
Auch in den nächsten vier Jahren denkt Inka ständig an ihre Freundinnen und alles, was sie in der DDR zurücklassen musste, fühlt sich im Westen nicht zu Hause:
Mir ging es mehr um das, was ich verloren hatte, als um das, was sich mir neu bot.
Vergangenheit und Jetztzeit wechseln sich im Buch ständig ab und machen es dadurch um so packender.
Als ihre Mutter, ein Journalistin, arbeitslos wird, erkennt Inka, dass ihre Mutter sie braucht. Mutter und Tochter finden zusammen. Von Tutty, ihrer beste Freundin, befragt, wo sie lieber leben würde, wenn sie es aussuchen könnte, in der DDR oder im Westen, antwortet Inka:
„… ich glaube, man kann überall leben, wenn man jemand hat, den man mag“, antwortet Inka ihrer besten Freundin.
Das Buch erhielt 1985 den Deutschen Jugendliteraturpreis und hilft dem Leser hautnah das Leid mitzubekommen, das so viele zwischen 1961 und 1989 aufgrund der Mauer und des Todeszauns zwischen Ost- und Westdeutschland erlebten.
R K
Isolde Heyne im Nachwort:
Mit meinen Büchern habe ich mich auf meine Weise gegen die Grenze gewehrt, die aus Stacheldraht und Mauern aufgerichtet worden ist. Jetzt gilt es, auch die Mauern und Zäune in den Gedanken und in den Herzen einzureißen. Dazu muss man wissen, wie das Leben der Menschen … ‚drüben‘ [in der DDR] aussah.
Munroe Leaf mit Bildern von Robert Lawson
Ferdinand
Amerikanischer Originaltitel: The Story of Ferdinand
Aus dem Amerikanischen von Fritz Güttinger.

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 1977, 2013 Diogenes Verlag AG Zürich
Stierkind Ferdinand ist anders als seine Gleichaltrigen. Er freut sich an Blumen und der Natur. Rempeln und mit ihren Hörnern stoßen, das ist nichts für ihn.
Was jedoch geschieht, wenn er als ausgewachsener starker Bulle an einem Stierkampf teilnehmen soll? Und dort auf einen eitlen Torero mit Degen sowie dessen Gehilfen, den Banderilleros und Picadores, die den Stier durch Malträtieren reizen sollen?
Auch damit weiß Ferdinand umzugehen.—
Mit ganz wenigen Worten und viel Herz geschrieben. Schön und amüsant illustriert.
RK
Mit einfachen Worten ausgedrückt und dazu passenden Zeichnungen: Man muss nicht alles mitmachen und auch „Nein!“ sagen können. So bleibt Ferdinand glücklich.
GK
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