Kepler (Biografie)

Johannes Hemleben
Kepler

Albert Einstein schreibt über seinen „Berufskollegen“ Johannes Kepler:

Weder durch seine Armut noch durch das Unverständnis der maßgebenden Zeitgenossen, die den Verlauf des Keplerschen Lebens und Werkes erheblich bestimmten und die freie Entfaltung seines Könnens behinderten, ließ er sich zähmen oder entmutigen. Dabei hatte er es mit einem Gegenstande zu tun, der den Bekenner der Wahrheit auch unmittelbar gefährdete. Er gehörte jedoch zu den Wenigen, die überhaupt nicht anders können, als auf jedem Gebiete offen für ihre Überzeugungen einzustehen.

Kepler ist sowohl offizieller „Mathematicus“ dreier aufeinanderfolgender Kaiser, als auch Lehrer, Naturforscher und Sternenkundiger (Astronomie und Astrologie), unter anderem Entdecker der nach ihm benannten drei Keplerschen Gesetze. Vor allem anderen ist Kepler ein Wahrheits- und Gottsucher.

Zu seinen Überzeugungen steht er unverbrüchlich, auch wenn er dadurch auf „Karriere“ und Geld verzichten oder ins Exil gehen muss.

Als lutherischer Protestant weigert er sich unter Lebensgefahr, zum Katholizismus überzutreten, wird dann später von der lutherischen Kirche ausgeschlossen, weil er nicht bereit ist, ein Dokument zu unterschreiben, das sich gegen die calvinistischen Protestanten richtet. Gefährlich für Kepler ist auch sein öffentliches Dafür-Eintreten, dass die Sonne sich nicht um die Erde bewegt, sondern das Umgekehrte der Fall ist. Hinzu kommt sein mehrjähriger Kampf, um seine als „Hexe“ angeklagte Mutter vor der Verurteilung zum Tod auf dem Scheiterhaufen zu retten.

Wer mehr von solch vorbildlichem Heldenmut  erfahren, ja lernen will, dem empfehle ich diese sehr beeindruckende Biografie eines Menschen, der zeit seines Erdenlebens unermüdlich nach Wahrheit und Erkenntnis suchte, forschte.

Sein Dasein war von unaufhörlichem Kampf begleitet – Kampf um den Lebensunterhalt, Kampf mit politischen Gewalten, Kampf um die Ermöglichung freier Forschung und vor allem für die Echtheit und Freiheit seines eigenen religiösen Bekenntnisses.

Wie sieht aktuell die Situation für Wahrheitssucher aus? Einem Freidenker in der Art von Johannes Kepler ergeht es in der heutigen ungeistigen Zeit nicht sehr viel anders als im finsteren Mittelalter; denn der Tod durch das Feuer ist durch modernere Formen abgelöst worden: unsachliche persönliche Angriffe, Tratsch und üble Nachrede, Spott, Verhöhnung und Verleumdung, die zum seelischen Rufmord führen sollen aller jener, die nicht den Ansichten der vorherrschenden  „wissenschaftlichen“, „religiösen“, „politischen“ oder „kulturellen“ Meinungen folgen.–

Bei seinem Forschen sieht Kepler sich in der Nachfolge des Pythagoras, der zwei Jahrtausende vor ihm tätig war.

Harmonie der Planetenumläufe  und deren mathematische Lösung ist für Kepler ein eindeutiger Hinweis für das Wirken Gottes; denn die Sternenwelt folgt Gesetzen, welche die Offenbarung eines harmonischen Ursprungs sind – und dieser ist Gottes, „mag die Welt der Menschen noch so disharmonisch verlaufen und fortgesetzt neue Disharmonien erzeugen.“

Kepler lernt und lehrt, im „Buch der Natur“ zu lesen, das Gott selbst geschrieben habe und in dem der Schöpferwille Gottes „wie die Sonne im Wasser oder im Spiegel“ erkannt werden könne.

Die Leser seines 1597 erschienenen Astronomie-Buchs erinnert er im Nachwort:

„Jetzt aber vergiss nicht den Zweck aller dieser Dinge, das ist die Erkenntnis, Bewunderung und Verehrung des allweisen Schöpfers.“

„Unsere Andacht dabei ist umso tiefer, je besser wir die Schöpfung und ihre Größe erkennen.“

Handschrift / Unterschrift von Johannes Kepler

G. K.

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Der spanische Rosenstock

Werner Bergengruen
Der spanische Rosenstock

Fabeck, ein junger Dichter, liebte ein Mädchen, von dem er nun für eine  längerere Zeit Abschied zu nehmen hatte. Am Vorabend seiner Abreise gingen sie miteinander durch den schon dunkel gewordenen Park. Es war im hohen Sommer. Das gemähte Gras lag noch auf dem Parkwiesen, und von ihm ging ein kräftiger Geruch aus. Vom Parkweiher kam das Quaken der Frösche. Sonst war nur fernes Hundegebell vernehmbar. Ab und zu hörte man auch das Knischen von Schritten auf dem Kies der Wege, dann wurde es wieder still. Fabeck und Christine stiegen den Hügel hinan, auf dem ein steinernes Tempelchen im griechischen Geschmack stand. Hier setzten sie sich hin, und es war ihnen bange ums Herz. Sie sprachen nicht, denn alles, was Menschen vor dem Beginn einer Trennung einander zu sagen pflegen, hatten sie sich gesagt und wiederholt.

© 1946, 2006 Arche Literatur Verlag, Zürich-Hamburg

Durch eine jahrelange Trennung zweier junger Liebender wird deren Beziehung und Liebe nicht weniger, sondern erstarkt trotz mancher Widrigkeiten. Diese Liebesgeschichte lässt sich fast in einem Zug lesen. Sehr schön und schlicht geschrieben. Zauberhaft!

GK

Eine edele Liebesgeschichte.

RK

Mich hat dieses Büchlein angerührt, da man die innige Liebe zwischen der Herzogtochter Oktavia und dem Bediensteten Lysiander spürt. Lysiander möchte in einem fernen Land sein Glück versuchen, um Geld zu verdienen und dann um die Hand von Oktavia beim Herzog als wohlhabender Bräutigam anzuhalten. Dies bedeutet allerdings eine Trennung von 7 Jahren. Um in dieser Zeit miteinander in innigem Kontakt verbunden zu bleiben, schenkt Lysiander seiner Geliebten einen spanischen Rosenstock, der mit seinem Blut, seinen Haaren präpariert ist. Zum Vollmond verabreden sich die Geliebten, dass sie beide besonders innig Kontakt zueinander suchen. Oktavia solle Briefe an ihn schreiben, diese im Anschluss verbrennen und dann die Asche in die Erde des Rosenstocks mischen. Die Liebe der beiden wird auf eine harte Probe gestellt, denn Celia, eine Bedienstete, möchte, dass sich Oktavia mit ihrem Bruder Filenio verbindet … (Mehr wird nicht verraten) Es rührt mich an, wie Oktavia und Lysiander über den Rosenstock ihre Liebe lebendig erhalten über so viele Jahre…

K.M.

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Der Großinquisitor

Fjodr Dostojevski
Der Großinquisitor

Originaltitel: Великий инквизитор

Was würde geschehen, wenn Jesus in der Neuzeit wieder zur Erde käme? In Dostojevskis kurzer Erzählung sind es erneut Diener der Kirche, die in Jesus einen Störenfried sehen, so wie Ihn bereits vor zweitausend Jahren der Hohepriester und die Pharisäer abgelehnt hatten. In visionärer Art beschreibt Dostojewski ein solches Geschehen:

Der Großinquisitor lässt Jesus in den Kerker werfen. Dort sucht Ihn der Kirchenfürst auf, redet pausenlos auf Ihn ein:

„Denn uns zu stören, bist du gekommen, das weißt du sehr gut.“

Im Verlaufe seines Monologes gibt der oberste Kirchendiener zu, wie die Kirche mit ihren Gläubigen umgeht:

„In deinem Namen, hör zu, werden wir sie sättigen, bedenkenlos werden wir lügen: In deinem Namen. … Wir aber werden vorgeben, wir seien Gehorchende, herrschend nur in deinem Namen.“

Er wirft Jesus vor, dass es falsch von ihm war, die Menschen innerlich frei machen zu wollen; denn

„Uns kam es zu, alle zu lehren, dass nicht die freie Entscheidung des Herzens wichtig ist und nicht die Liebe, sondern nur das Geheimnis, dem blind zu vertrauen ist – auch gegen das eigene Gewissen. So haben wir getan. Wir haben deine Tat verbessert.
… Wir werden sie überzeugen, dass sie frei nur dann sind, wenn sie sich lossagen von deiner Freiheit um unserer Freiheit willen und wenn sie tun, was wir ihnen sagen.
… Oh, wir werden erlauben zu sündigen; denn sie sind für Sünde anfällig und schwach.
Und sie werden uns lieben wie Kinder, dafür, dass wir ihnen die Sünde nicht übelnehmen.
Wir werden ihnen sagen, dass man sich loskaufen kann von der Sünde, von jeder, wenn sie nur mit unsrer Erlaubnis geschah.“

Und Jesus sagt kein Wort, schweigt wie er seinerzeit vor höhnenden Menge in Jerusalem schwieg, als Ihn Menschen anklagten, schlugen und die Dornenkrone aufs Haupt setzen.
Schließlich spricht der Großinquisitor das Geheimnis aus, auf wessen Seite die Kirche steht, was sie so mächtig macht. Dieses Geheimnis soll dem Leser hier nicht vorweggenommen werden.

Es bleibt nicht allein bei der Demaskierung der Kirchendiener, sondern der aufmerksame Leser wird unausgesprochen vor Fragen gestellt wie:
Was würdest Du tun, wenn Christus heute in neuer Gestalt unter die Menschen träte oder ein von Ihm Gesandter?
Entscheidest Du Dich dann für die Befreiung Deiner Seele aus der irdischen Versunkenheit?
Oder gehst Du weiter den Weg des bequemen Dahinlebens und glaubst blind daran, Deine Sünden könnten Diener einer Kirche Dir vergeben?

P.S. Als Dostojevski 1879 die Legende vom Großinquisitor vor Studenten vorträgt, heißt es in seiner Einführung:

Wenn der Glaube an Christus verfälscht und mit den Zielsetzungen dieser Welt vermengt wird, dann geht auch der Sinn des Christentums verloren.

GK

 

Eingebaut in Dostojevskis Roman „Die Brüder Karamasov“ gibt es eine Erzählung mit dem Titel „Der Großinquisitor“, die auch separat als Buch veröffentlicht wurde. In dieser Allegorie erscheint der Gottessohn Jesus im Mittelalter wieder unter den Menschen, erleidet die gleichen Angriffe und Gewalttätigkeiten wie fünfzehn Jahrhunderte zuvor, diesmal jedoch zugefügt durch genau jene Personen, die sich selbst als Seine Anhänger bekennen.

Dostojevski spricht durch die Stimme einer Person der Kirche, das ist der Großinquisitor, der eigentlich dazu ausersehen ist, die Heiligkeit und Unantastbarkeit der Wahrheit zu schützen, sich aber als der Wahrheit größter Feind erweist. Dostojevski geißelt die religiösen Bewegungen, die darnach trachten, Christi Werk zu „verbessern“.

Die große Einsicht Dostojevskis ist die Erkenntnis, dass „Menschen stets das Wunder suchen“ als Rechtfertigung für den Glauben – „Wunder“ im Sinne des Unnatürlichen, also im Gegensatz stehend zu Gottes einfachen Naturgesetzen, die weder gebrochen noch umgangen werden können. Den Großinquisitor lässt er zu Jesus sprechen:

Wir haben Dein Werk verbessert und es auf dem Wunder, auf dem Mysterium und auf der Autorität neu aufgebaut. Und die Menschen frohlocken, dass  wir sie abermals führen wie eine Herde und dass wir aus ihren Herzen die furchtbare Gabe wieder stahlen, die ihnen soviel Qual gebracht hat [Notiz von DR: gemeint ist die von Christus gebrachte Botschaft der Wahrheit].
Sprich, haben wir recht gehandelt? Haben wir die Menschheit nicht geliebt, indem wir in Sanftmut deren Schwäche erkannten und mit Liebe die Bürde leichter machten und ihre schwache Natur von der Sünde freisprachen? Warum bist Du also gekommen, uns zu stören?“

… Soll ich Dir unser Geheimnis enthüllen? Vielleicht willst Du es aus meinem Munde hören, so vernimm dann: Wir sind nicht mit Dir, sondern mit ihm, das ist unser Geheimnis. Schon lange sind wir nicht mit Dir, sondern mit ihm [Notiz von DR: mit dem Antichrist].

Schließlich:

Deine Hoffnung war, dass der Mensch, indem er Deinem Beispiel folgte, sich an Gott halten und des Wunders nicht bedürfen würde. Aber Du wusstest nicht, dass der Mensch, wenn er das Wunder verwirft, auch Gott verwirft; denn der Mensch sucht Gott nicht so sehr wie das Wunder.

Alles in allem, “Der Großinquisitor” ist eine ausgezeichnete Darstellung vieler Fragen mit Bezug zu Glauben und persönlicher Überzeugung, womit jeder ernste Mensch, der nach Klarheit sucht, sich beschäftigen sollte. …

DR

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Dshamilja

Tschingis Aitmatov
Dshamilja

Russicher Originaltitel: Джамиля

Lassen sich das Empfinden und die Gefühle der Liebe und des Verliebtseins mit Worten malen? Ja, der in Kirgisien aufgewachsene Tschingis Atimatov kann es, lässt seine Leser miterleben und fühlen, wie zwei junge Menschen ganz unterschiedlicher Wesensarten sich innerlich näherkommen: die ehrlich-direkte Dorfschönste Dshamilja und der in sich gekehrte, ernst-verträumte Einzelgänger Danijar. Geschildert wird es aus der Sicht des fünfzehnjährigen Said, der sich zunächst wie die anderen Dorfbewohner über Danijar lustig macht. Bis er ihn eines Abends draußen in der Natur singen hört und erkennt:

„Das war ein Mensch, der eine tiefe Liebe in sich trug. Keine Liebe, das fühlte ich, wie man sie für einen anderen empfindet, sondern eine weit größere, die Liebe zum Leben, zur Erde. Ja, er verwahrte diese Liebe in sich, in seiner Musik, er lebte durch sie. … Wenn ich ihn singen hörte, dann hätte ich mich am liebsten zur Erde geworfen und sie wie ein dankbarer Sohn umarmt, allein schon dafür, dass ein Mensch sie so lieben konnte… ich wusste, dass er in seinem Herzen reicher war als wir.“

Eine schöne, edle Liebesgeschichte, in zarten, wehmütigen Tönen geschildert, ohne die Grenzen zur Sentimentalität zu überschreiten.

GP

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Die geheime Sprache der Vögel

Ralph Müller
Die geheime Sprache der Vögel

 

Ein mit viel Herz geschriebenes Sachbuch.

Ralph Müller lehrt nicht über Vögel, sondern hat von Vögeln gelernt. Einfühlsam beschreibt er, was der Vogel- und Naturfreund beachten muss, um ein guter Beobachter und Vogelkenner zu werden.

Kein Vogelbestimmungsbuch sondern eine Liebeserklärung an die Vögel mit vielen Hinweisen, wie der Leser sich der Vogelwelt nähern und öffnen kann.

Wärmstens zu empfehlen allen, die das wollen, was der Buch-Untertitel sagt:
Den Vögeln lauschen, sich berühren lassen, von ihnen lernen.

GK

Auch mit Wildvögeln ist Ralph Müller vertraut. Hier kommt einer auf ihn zu. Aus nächster Nähe sehen sie einander in die Augen.

Auge in Auge mit dem Vogelbuch-Autor Ralph Müller

 

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Das Gold von Caxamalca

Jakob Wassermann
Das Gold von Caxamalca

Wie konnten wenige hundert gierig-listige Söldner hunderttausend harmlose Inkas unterwerfen? Der Leser erlebt, wie die „Wölfe“ mit den „Lämmern“ umgehen; er wird hineinversetzt in die Lage des gefangen gesetzten Inka-Fürsten Atahualpa, dem das alles unbegreiflich fremd ist, was General Pizarro und dessen Gefolgsleute wollen, denken, treiben.

Ohne Umschweife, spannend bis zur letzten Seite, beschreibt der Autor diese Episode unserer Menschheitsgeschichte. Damit verwoben ist die allmähliche Läuterung eines der goldgeilen Schlächter; denn durch das Vorbild der Inkas wird ihm die „Nichtigkeit allen Habens“ vor Augen geführt sowie „das, was der Mensch ist und was er versäumt zu sein.“

Ein allgemeinbildendes Büchlein, gleichermaßen anschaulich für Geschichts-, Religions-, Ethik-, Psychologie- und Deutsch-Studien.

Pu

Erschütternd beschreibt das Buch, wie die Verschiebung der Werte zum Absturz des Menschen führt. Auf der einen Seite die Spanier, welche nach irdischen Werten wie Macht, Gold, Ruhm streben und wie dabei die Würde des Menschen herabsinkt bis zum Unmenschen. Auf der anderen Seite der Inkahäuptling Atahualpa, der in seiner Würde auch als Gefangener immer als Sieger hervortritt.

Nach wahren Begebenheiten geschildert. Eine Erzählung, die uns einen Spiegel vorhält zu sehen, wo wir stehen und wo wir hinkommen sollen, um selber frei zu werden…

MH

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