Näpfli – das rote Blutkörperchen

Hans-Wilhelm Smolik
Näpfli – das rote Blutkörperchen

 

Genial. Wie gerne hätte ich das früher im Biologie-Unterricht gehört oder gelesen anstelle von trockener Theorie.

R.K.

 

Kindgerecht und sehr anschaulich lässt der Autor ein rotes Blutkörperchen von seiner Reise durch den Körper des Menschen erzählen.

Die kurzen Kapitel haben Titel wie „Näpfli lernt das Herz kennen“, „Das Klagelied der Zähne“, „Plink und Näpfli besuchen die Niere“, „Näpfli begegnet im Auge dem Sonnenstrahl“.

Kinder und auch Erwachsene werden staunen über die Naturwunder in unserem Körper. Dabei wird dem Leser bewusst, welche Verantwortung er für seinen Körper hat, den er oft vernachlässigt. Das spornt an, ab sofort für mehr Bewegung, frische Luft und Flüssigkeitszufuhr zu sorgen sowie weniger und dafür das Richtige zu essen.

2,5 Millionen Exemplare dieser Broschüre wurden bisher an Krankenkassen-Mitglieder, Schulen und sonstige Bildungseinrichtungen verschenkt oder verteilt.

Ab 10 Jahren

GK

 

In meiner Kindheit las ich diese Broschüre immer wieder mit Begeisterung und war sehr beeindruckt von den Vorgängen im Inneren des Körpers. Die völlig zerfledderten Seiten fanden noch einmal Verwendung, als ich meinen Kindern die spannenden Erlebnisse Näpflis als Gute-Nacht-Geschichten vorlas. Schön, dass es wieder eine Neuauflage gibt.

(MW)

Im Vorwort zur 14. Auflage schreibt Professor Birgitt Liss:

„Ich   erinnere mich noch recht genau an meine erste Begegnung mit Näpfli,  die schon um die 30 Jahre her ist. Mein großer Bruder brachte das Büchlein aus der Schule mit und ich habe es von da an wieder und wieder verschlungen und so die Abenteuer des kleinen Blutkörperchens – und damit die Funktionsweise des menschlichen Körpers – mehr und mehr verstanden…
So spannend und teilweise so unglaublich erschienen mir die vielen Abenteuer, die Näpfli im menschlichen Körper erlebte, dass ich immer mehr über all diese Vorgänge wissen wollte, die uns ermöglichen, zu atmen, zu sehen, zu hören, zu fühlen, zu denken und noch so vieles mehr.
… Und heute  bin ich  selbst der Professor für Physiologie [Lehre der Lebensvorgänge in den Zellen, Geweben und Organen] …,  gebe mein Wissen  und meine Begeisterung über die Funktionsweise des menschlichen Körpers, welche das kleine Näpfli einst bei mir geweckt hat, tagtäglich an Studierende und auch Schüler weiter.

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Anton Knusperzahn, der Feldhamster

Sabine Smolik-Pfeifer / Hans-Wilhelm Smolik
Anton Knusperzahn, der Feldhamster

Ein herzerwärmendes, lehrreiches und gleichzeitig wehmütig stimmendes Buch, da der Feldhamster zu den stark gefährdeten Tierarten zählt.

Neben den Erzählungen aus dem Jahreslauf beinhaltet das Buch viele wunderschöne Bilder, außerdem humorvolle Gedichte und im Anhang ein Feldhamster-Lexikon mit Sachinformationen.

Für Kinder, Erwachsene und generell alle Tierfreunde sehr empfehlenswert.

R.K.


Aus dem Buch ein Bild von Manfred Sattler

 

Neben mir Bekanntem gibt es so viel Neues über diese kleinen Tierchen in diesem bildhübschen Büchlein zu erfahren! Ein wunderschönes Geschenk.

S.K.

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Wasser, Wind und Wolken

Hans-Wilhelm Smolik
Wasser, Wind und Wolken

 

Mit wunderschöner Sprache und achtsamem Blick werden in diesem Buch die großen Kreisläufe und Zusammenhänge des Lebens gezeichnet, so einfach und bildhaft, dass Kinder sie mühelos begreifen und Erwachsene wieder staunen können, über die großartige Schöpfung und Ordnung und die feinen, ineinandergreifenden Kräfte in der Natur, in der wir Menschen uns allzu oft nur als egoistische Störenfriede betätigen.

Wir reisen in diesen Geschichten mit Plink, dem Wassertropfen, durch den Himmel und die Meere, durch das Erdreich, durch die Pflanzen, Tiere und Menschen, wieder hinauf in die Wolken.

Wacker, den Wackerstein, begleiten wir, wie er krachend und tosend durch eine Klamm poltert, wie er geschliffen und  gehobelt wird in der „Schleifmühle und Steinhobelbank“ des Bergbaches, der Flüsse und Ströme, bis er wendig und geschmeidig zu seinem Ursprung zurückkehrt, dem blauen Meer. Hier treffen sich, zu Sand zerrieben und mit all ihren Erfahrungen beladen, die Steine aus allen Ecken der Welt, um neue Gebirge aufzubauen, die vielleicht in Jahrmillionen wieder aus dem Wasser aufragen werden.

So erfahren wir in diesen Erzählungen, die H.W. Smolik „Das große Räderwerk Gottes“ nennt, dass es die Anderen braucht, das Zusammenwirken, und dass man in Bewegung bleiben muss, ein „Weltenwanderer“ sein, wie der Wassertropfen und der Stein, und dass die Welt schön ist:

… Aus einem Bach waren wir Wassertropfen ein Fluss und endlich ein gewaltiger Strom geworden. Und nun dauerte es auch nicht mehr lange, und wir landeten im Meer. Hier trieben wir uns lange umher und hüteten uns wohl, in die tieferen Strömungen zu geraten. Wir wollten immer weiterwandern, wollten Wolken werden!

Ja, aufsteigen wollten wir, in den Himmel hinaufklettern, die Erdenschwere überwinden und durch die Lüfte segeln! Und deshalb blieben wir schön in der obersten Meeresschicht, im sogenannten Oberflächenwasser, das von der Sonne gut durchstrahlt und erwärmt wurde. Und die Sonne meinte es auch gut, sie glühte, gleißte und strahlte, dass das Meer wie eine Riesensilberschale erglänzte.

„Mir wird schon ganz leicht und luftig zumute!“ sagte mein Freund Plitsch. „Und mir ist es, als ob ich bereits schwebe!“ rief mein Freund Platsch und strahlte über alle Backen.

Pang und Pong aber hatten bereits ihre Regentropfengestalt verloren und stiegen stracks in den Himmel empor.

O ja, die Sonne zog uns mit Macht …

1965 erschienen und nur noch mit Forschergeist antiquarisch zu erwerben, ist dies das Buch meiner Kindheit. Ich erinnere mich noch gut, wie ich zuhörend auf Reisen gegangen bin, mit einem Wassertropfen und einem Stein.

Ab 7 Jahren

BPH

Sehr lehrreich, da der Leser ständig mitfühlt und mitfiebert, was ein einzelner Wassertropfen erlebt.
An wenigen Stellen ist es zu „vermenschlicht“ dargestellt, wenn zum Beispiel der Sturm „Rachepläne“ hat oder „vernichten“ möchte. Solches können vorlesende oder begleitende Eltern mit wenigen Worten richtigstellen.

Die Buchabschnitte „Mutter Feldhecke“ (siehe unten) oder „Als der große Wald starb“ sind Warnungen, wie der Mensch die Natur zerstört.

R.K.

Vom gleichen Autor: „Näpfli – das rote Blutkörperchen“

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Mutter Feldhecke

Ich, der Wassertropfen Plink, will euch von meinem Leben und meinen Abenteuern erzählen. Und wenn ihr mich fragt, wieso ich dazu komme, dann muss ich euch ganz ehrlich sagen: weil ihr eigentlich kaum etwas von der Natur wisst und begreift.

Es ist nämlich so, dass die Natur sehr wenig Spaß versteht und es überhaupt nicht vertragen kann, wenn ihr der Mensch dazwischen pfuscht. Ihr Menschen müsst da noch sehr viel lernen, müsst die Augen tüchtig aufreißen und müsst viel mehr über die verborgenen Zusammenhänge nachdenken. Genauso wie jedes Tier, hat auch jede Pflanze eine ganz bestimmte Aufgabe zu erfüllen, und es rächt sich bitter, wenn ihr denkt, dass ihr machen könnt, was ihr wollt. Ich habe da mancherlei erlebt, das euch nutzen könnte. Und so will ich euch jetzt die Geschichte von der Mutter Feldhecke erzählen, von einer einfachen, wild gewachsenen Hecke mitten zwischen den Feldern des flachen Landes.

Ich lernte die Feldhecke kennen, als ich an einem bitterkalten Wintertag und mit meinen Freunden Platsch und Platsch und Pang und Pong als wirbelnde Schneeflocke durch die Lüfte jagte. Der Ostwind blies uns vor sich her und jauchzte auf, als er das weite flache Kornland vor sich sah. »Da will ich mich ausrasen und über die verschneiten Fluren blasen, dass den Feldhasen und Feldhühnern das Blut in den Adern gerinnt, dass die Hamster und die Maulwürfe in der Erde zittern und die Regenwürmer blau werden! Mein ist das flache Land, mein ganz allein!« Und er nahm einen Schwung und brauste mit uns los, dass wir nur so dahin stoben.

Und wie er nun so in schönster Fahrt war und sich seiner Gewalt und Kraft freute, da rief es auf einmal : »Halt, mein Freund, hier stehe ich! Komm, mach gefälligst einen Hopser, alter Sausebruder!«

»Wer wagt es, mich aufzuhalten?« heulte der Ostwind. »Aus dem Weg, sonst blas‘ ich dich um!« »Na, dann blas‘ nur!« rief es zurück. »An mir zerschellt deine Kraft. Ich stehe fester als ein Baum, als ein ganzer Wald, ich, die alte Feldhecke!«

»Das wollen wir doch erst einmal sehen!« wütete der Ostwind. Er nahm einen Anlauf, er raste los, er kam wie ein Untier angesprungen.

Aber die Feldhecke stand. Die unzähligen Zweige der Heckenrosen, der Weißdornbüsche, der Haselsträucher und Schlehen hatten sich so fest und unentwirrbar ineinander verschränkt und waren außerdem noch durch die Ranken des Hopfens, der Zaunrübe und der Waldrebe verbunden, dass ihnen keine Windsbraut etwas anhaben konnte. Die Feldhecke stand wie eine Mauer. Sie war nicht umzuwerfen und nicht zu entwurzeln. Der Ostwind musste sie überspringen, es blieb ihm gar nichts anderes übrig. Und mit ihr übersprang er auch die Hasen und die Rebhühner, die sich unter die Hecke geduckt hatten und dort warm und wohl geborgen lagen. Er übersprang zugleich auch die schlafenden Igel und Schlangen, Mäuse und Kröten, die alljährlich im Herbst bei der Hecke einkehrten und sich unter ihr in die Erde gruben. Und er übersprang die unter dem zusammen gewehten Falllaub träumenden Schmetterlinge und Käfer, die Hummel- und Wespenweibchen, die Grillen und Spinnen.

Wie eine gute Mutter, wie eine Glucke ihre Küken, hütete die Feldhecke das Leben der Tiere, die sich unter ihren Schutz begeben hatten. Auf sie war Verlass. Unerschütterlich stand sie in allen Stürmen und hatte für die hungernden Vögel noch manche Beere, manche erstarrte Raupe, manches Schmetterlingsei und manche Schnecke in ihrem Schoß.Und was wäre wohl aus den Hasen und den Rebhühnern in der tief verschneiten Flur geworden, wenn nicht Mutter Feldhecke in ihrem Rücken schneefreie Flecken für sie gehabt und ihnen dazu noch manches Zweiglein und manche Knospe geopfert hätte? Kein notleidendes Tier sprach vergebens bei ihr vor. Jedes Tier fand einen warmen Unterschlupf, ein sicheres Versteck oder einen wärmenden Happen. Selbst die Wintersaat auf dem hinter ihr liegenden Feld hatte der Hecke ihr Leben zu verdanken. Denn die Hecke war es, die die zarten Keimblättchen vor den kalten Winden bewahrte, bevor wir Wassertropfen sie in unseren warmen Schneemantel hüllten. Gutmütig schmunzelte die alte Feldhecke hinter dem wütend davon brausenden Ostwind her.

»Na also!« murmelte sie.

Und genau so gutmütig nahm sie auch uns Schneeflocken an ihre breite Brust, obwohl wir ihr vorläufig noch keinen Dank dafür wussten und eigentlich einen kleinen Groll auf sie hegten. Denn die Fahrt mit dem Ostwind war doch zu schön gewesen und jetzt fürchteten wir uns vor der Langeweile.

Nun, es erwies sich, dass es durchaus nicht langweilig bei der Feldhecke war. Besonders im Frühjahr nicht, als wir getaut waren und tief in ihrem Schatten lagen, als die Bienen und Hummeln ihre blühenden Schlehen- und Weißdornbüsche umschwirrten, als die Schmetterlinge die ersten Veilchen zu ihren Füßen besuchten und die von weiter Reise zurückgekehrten Grasmücken, Neuntöter und Rotschwänzchen nach ihren alten Brutplätzen schauten. Und wie sich die alte Mutter Feldhecke freute, dass alle wieder zu ihr zurückkamen, dass keines der Tiere sie vergessen hatte! Aber wo wären wohl auch die Nester der Vögel und ihre Eier und Jungen besser aufgehoben gewesen? Wo hätten die gefiederten Sänger so reiche Kost an Fliegen und Spinnen, Raupen und Würmern, Käfern und Heuschrecken gefunden? Und was sie bei Mutter Feldhecke nicht fanden, das brauchten sie nur von den benachbarten Feldern aufzulesen. Ja, und wo hätten sich die Kröten und Igel, Eidechsen und Blindschleichen geborgener fühlen können, als unter dem stacheligen und dornigen Verhau ihrer Zweige?

Die Tiere wussten schon, was sie an der alten und mächtigen Feldhecke hatten. Sie wussten es genau, ganz gleich, ob sie bei ihr wohnten oder sie nur besuchten, ob sie winzige Blattläuse oder stattliche Käfer, zierliche Motten oder dicke Hummeln waren.

Bei ihr fanden die Ameise und der Marienkäfer die begehrten Blattläuse, die Gallwespen ihre Kinderwiegen, die Blumenkäfer den besten Blütenwein, die Blattschneiderbienen die Tapeten für ihre Honigzellen, die Laubheuschrecken zarten Blattsalat, die Schnecken den geliebten Schatten und die Blattwanzen köstlichen Pflanzensaft. Bei ihr wurden die Spinnen aller Arten und Familien dick und fett, denn sie fing ja alles auf, was der Wind vorüber wehte. Und bei ihr konnte sich wieder der Zaunkönig an Spinnen mästen.

»Ach, jetzt ist mir wieder richtig wohl!« seufzte Mutter Feldhecke im Sommer aus tiefstem und glücklichem Herzen. » Jetzt summt und brummt, singt und klingt, jubiliert und tiriliert es in mir vom frühen Morgen bis zum späten Abend und selbst noch die Nacht hindurch. Jetzt kribbelt und krabbelt, zippelt und zappelt, schlüpft und flattert es in meinen Zweigen, dass es eine Lust ist. Jetzt blühen meine Heckenrosen, klettern die Zaunwinden, rankt sich der Hopfen, dass man vor lauter Blüten und Blättern nicht mehr in mich hineinsehen kann!« Und sie hielt die Kinder des Bauern, die an ihr vorübergingen, mit ihren stachligen Zweigen fest und sagte: »Schaut nur mal unter mich! Seht ihr nicht, wie meine Brombeeren in diesem Jahre blühen? Und wie wunderbar die Haselbüsche wieder angesetzt haben? Das gibt Nüsse! Und für den Vater habe ich im Herbst wieder eine Masse Schlehen zum Schnaps und für die Großmutter die heilkräftigen Hagebutten!«

Aber die Kinder des Bauern sahen nur die Risse in ihren Kleidern und dachten daran, was der Vater gesagt hatte.

»Die alte Hecke muss endlich auch verschwinden! Sie schmälert mir das Feld und wirft zu viel Schatten. Das sind ja ein paar hundert Quadratmeter gutes Land, die ich gewinnen kann, wenn ich das Stachelding niederbrenne.«

Der Bauer hielt Wort. Gleich nach der Ernte ging er mit Axt, Säge und Feuer der Hecke zu Leibe. Ohne daran zu denken, dass er unzähligen Tieren die Heimat nahm, vernichtete er in wenigen Tagen, was über hundert Jahre lang gewachsen war. Er hatte vergessen, wie viel Holz die Hecke ihm und seinen Vorfahren schenkte, wie viele Beeren und Nüsse sie alljährlich gab. Er dachte auch nicht daran, dass seine Bienen in der Hecke eine unerschöpfliche Honigquelle gefunden hatten und dass er seinem Weidevieh den Schatten nahm.

Die Hecke wehrte sich mit Dornen und Stacheln und zähen Wurzeln aus Leibeskräften. »Du wirst es bereuen, Bauer!« rief sie bei jedem Axthieb. »Ich bin nicht zum Spaß hier gewachsen. Ich habe viele wichtige Aufgaben zu erfüllen. Es geht nicht um mich, es geht um dich und dein Feld !«

Selbst uns Wassertropfen jammerte die alte brave Hecke, obwohl wir bestimmt nicht wehleidig sind. Aber wir wussten ja, dass der Bauer einen großen Fehler beging, wussten ja, wie es um die Felder bestellt ist, die nicht von Hecken begrenzt werden.

Der Bauer jedoch hörte und verstand die Hecke nicht, und er war stärker als alle Stürme und Wetter. Er rottete sie mit Stumpf und Stiel aus und gewann wirklich einige hundert Quadratmeter guten Boden.

Aber über diesen Gewinn wurde er nicht froh. Denn die Hecke hatte sein Feld ja nicht nur vor den winterlichen Stürmen, sondern auch vor den kühlen Nachtwinden bewahrt. Sie hatte unter sich eine gewaltige Menge von uns Wassertropfen gespeichert und davon in den trockenen Sommer-monaten ans Feld abgegeben. Und die in ihr und unter ihr nistenden und hausenden Tiere hatten das Feld von unzähligen Schädlingen frei gehalten.

 

Der Bauer spürte bald, sein Feld trug jetzt nicht mehr so reiche Frucht. Er ahnte auch, was daran schuld war. Aber er war ein Dickkopf und wollte es nicht zugeben.

Wir Wassertropfen hatten uns kurz darauf natürlich auch wieder auf die Wanderschaft begeben. Die Sonne hatte uns aufgesogen und wir kamen erst nach sechs Jahren wieder einmal in diese Gegend. Mit einem tüchtigen Gewitterguss platschten wir auf das Feld nieder und hätten es wahrhaftig kaum wiedererkannt. Pulvertrocken war die ganze Flur und stiebte geradezu unter unserem Aufprall. In den benachbarten Straßengräben lagen hohe Schichten der guten Muttererde, die von unseren Kameraden während vorhergegangener Regengüsse vom Acker geschwemmt wurden. Und auch wir liefen von dem Feld wie von einem gestampften Scheunenboden sofort ab und rissen ebenfalls Teilchen um Teilchen und Krümchen um Krümchen der letzten guten Ackererde mit uns. Und von einem benachbarten Tümpel, in dem wir landeten, konnten wir bereits nach zwei Tagen sehen, wie der Wind die inzwischen schon wieder ausgedörrte Krume in hohen Staubwolken über das Land blies.

Den Bauern überfiel das kalte Grausen. Verstört lief er über sein Feld und verwünschte laut den Tag, da er die Feldhecke niederbrannte. Und er ging hin und pflanzte wieder Heckenrosen und Haselsträucher, Weißdornbüsche und Schlehen, Holunder und Pfaffenhütchen an den Feldrain. Er pflanzte sie an die gleiche Stelle, wo die alte Feldhecke gestanden hatte. Und er schrieb es auf für alle seine Nachkommen: »Lasst die Hecken stehen, sie sind die sorgenden Mütter der Felder!«

Hans-Wilhelm Smolik: Wasser, Wind und Wolken.
Mit freundlicher Genehmigung von Sabine Smolik-Pfeifer

 

 

Momo

Michael Ende
Momo

Ab 9 Jahren.
Für Erwachsene von höchster Aktualität

“Momo” darf auf keinen Fall fehlen bei den Buchempfehlungen, finde ich. Es ist mein Lieblingsbuch, und ich verschenkte es oft und nicht nur an Kinder. Im Hier und Jetzt sein, zuhören, dem Augenblick Tiefe geben, Freundschaft und Treue schenken…
In unserer schnellen, oberflächlichen, digital befeuerten Zeit ein wichtiges Buch.

In Michael Endes Roman stellt sich die kleine Momo den „grauen Herren“ entgegen, den Zeiträubern. Momo hat nämlich eine Gabe: Sie konnte wunderbar zuhören:

Sie konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzlich sehr gescheite Gedanken kamen. Nicht etwa, weil sie etwas sagte oder fragte, was den anderen auf solche Gedanken brachte, nein, sie saß nur da und hörte einfach zu, mit aller Aufmerksamkeit und aller Anteilnahme. Dabei schaute sie den anderen mit ihren großen, dunklen Augen an, und der Betreffende fühlte, wie in ihm Gedanken auftauchten, von denen er nie geahnt hatte, dass sie in ihm steckten.

BPH

Gabriele Hoffmann vom Verein Leseleben findet es sehr aufregend, „Momo“ zu lesen unter dem Aspekt: wie digitale Medien uns die Zeit stehlen.
„Momo“ als Buch! Da beim Film vieles untergeht.

 

VOM ZEIT-SPAREN, OHNE RÜCKSICHT AUF DIE KINDER

In „Momo“ beeinflussen die „Grauen Herren“ die Menschen so  raffiniert , dass diese glauben, der Gedanke, Zeit zu sparen, sei ihr eigener gewesen. So reden die „Agenten“ dem Friseur Fusio ein, er solle schneller arbeiten, alles Unnötige weglassen, seinen Wellensittich weggeben, seine Mutter nicht mehr besuchen usw. Nach und nach geraten immer mehr Menschen unter den Einfluss der grauen Männer.

Selbst ihre freien Stunden mussten, wie sie meinten, ausgenutzt werden und in aller Eile so viel Vergnügen und Entspannung liefern, wie nur möglich …… Keiner wollte wahrhaben, dass sein Leben immer ärmer, immer gleichförmiger und immer kälter wurde. Deutlich zu fühlen bekamen das die Kinder, denn auch für sie hatte nun niemand mehr Zeit.

An  Momo jedoch, einem kleinen Mädchen, prallten die Überredungs- und Verführungsversuche  der „Grauen“  vollkommen ab. In ihr sehe ich das Symbol der echten, lebendigen Kindlichkeit! Mit kindlich – nicht mit kindisch (die deutsche Sprache unterscheidet da sehr treffend) –  verbinden wir  Spontanität, Unbefangenheit, Natürlichkeit, Schlichtheit. Kindliche Menschen – das können auch Erwachsene sein – strahlen Lauterkeit, Herzenswärme und Heiterkeit aus. Kindlichkeit lebt im Jetzt, ist nicht berechnend, hat also somit all die Eigenschaften mit denen keine „Zeit zu sparen“  ist.

Im Gegensatz dazu steht für mich der kalte, berechnende Intellekt, verkörpert in den Grauen Männern. Sie versuchen die Kinder zu vereinnahmen, um sie zu „nützlichen und leistungsfähigen Mitgliedern der Gesellschaft“ zu machen. Weil die Eltern keine Zeit mehr haben,  werden für die Kinder „Depots gebaut“, wo man sie zur Aufbewahrung abgibt.

KINDER BRAUCHEN ZEIT UND ERZIEHUNG BRAUCHT ZEIT

Die „Grauen“ erreichen es, die Erwachsenen davon zu überzeugen, das „Menschenmaterial der Zukunft“ in ihrem Sinne nutzbringend zu erziehen! Nun kann man fragen: Ist dies auch für die Kinder „nutzbringend“?  Den wahren Nutzen muss eindeutig das Kind haben! Also nicht Wirtschaft, nicht eine staatliche Ideologie oder kurzfristige gesellschaftliche Anschauungen. Kinder brauchen Zeit, und Erziehung bedeutet auch, sich die Zeit zu nehmen für Zuwendung.

UK

ZUHÖREN, WER KANN DAS NOCH?
Plädoyer für ein vergessenes Talent

Lehrer, die gegen eine dauernde Geräuschkulisse anreden, Nachrichten, die ganz nebenbei mit Tastenklick über das Handy weitergegeben werden, Gespräche, die vor laufendem Fernseher, Radio oder Computer stattfinden, Musikberieselung im Supermarkt, im Restaurant, in sanitären Räumen – Alltag in einer Zeit, in der gesprochen wird, ohne dass man sich der Aufmerksamkeit des Empfängers sicher ist.

Der Begriff »zuhören« im Sinne von »hinhören« bedeutet, sich einer Person oder Sache zu öffnen.

Versuchen Sie einmal einen Tag lang, allen Menschen, die Ihnen etwas sagen wollen, Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken. Versuchen Sie dabei, möglichst Blickkontakt zu ihnen zu halten. Ungeteilte Aufmerksamkeit: Also, Sie tippen nicht gleichzeitig auf der Tastatur Ihres Computers, Sie legen währenddessen keine Wäsche zusammen, fahren nicht Auto und kauen keinen Kaugummi.
Sie werden staunen, wie sehr sich die Welt für Sie plötzlich verändert!

Das Hören ist dem Menschen angeboren – im Gegensatz zum Sprechen, das erst erlernt und geübt werden muss. Das Zuhören ist nicht angeboren – anders als das Hören – und muss wie das Sprechen erst geübt werden.

Zuhören: Der Verb-Zusatz »zu« gibt die Bewegung in Richtung auf ein Ziel an und macht aus dem Hören ein Zuhören: die innere Ausrichtung, die Hinwendung zu jemandem. Zuhören ist zielgerichtetes Hören.

Zuhören ist blicken in die Seele des anderen. Wir hören, was hinter einem Wort, einem Klang oder einem Laut steht. Sprachbarrieren können so überwunden und Tiere in ihrem Wesen verstanden werden.

»Die Zeit wird nicht nach der Länge, sondern nach der Tiefe gemessen«, formulierte die Schriftstellerin Isolde Kurz. Zuhören ist ein guter Weg, dem Augenblick wieder Tiefe zu geben.

Wunderbar zuhören konnte die kleine Momo, »mit aller Aufmerksamkeit und aller Anteilnahme. Dabei schaute
sie den anderen mit ihren großen, dunklen Augen an …«

Aufmerksamkeit, Anteilnahme, Blickkontakt – dies sind die drei Grundpfeiler des Zuhörens.

Paare, Freundinnen, Kollegen sollten den Satz »Wir müssen reden« in Zukunft durch »Wir müssen einander
mal zuhören« ersetzen.

Aufmerksamkeit, Anteilnahme, Blickkontakt.
Versuchen wir es einmal!

BPH

 

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Sams Wal

Katherine Scholes
Sams Wal

Originaltitel: The Boy and the Whale

Der junge Sam und sein Hund gehen in den Dünen und am einsamen Meeresstrand spazieren, da entdecken sie einen gestrandeten Wal, der … noch atmet! Aber wie ihn wieder in sein Element Wasser ziehen? Zwar ist es nur ein kleiner Wal, aber dennoch zu groß und viel zu schwer für Sam alleine.

Sam muss Mittel und Wege finden, um seinen Schützling vor den brennenden Sonnenstrahlen und dem Austrocknen ohne Wasser zu retten, vor allem aber vor zwei fanatischen Trophäensammlern, die auf die Zähne des noch lebenden Wals gieren.

Eine spannende Kurzerzählung, in der die Leser das Leiden des Wals, das Hoffen, Bangen, Helfenwollen des Jungen spüren können.
Ab 10 Jahren

G.K.

Dieses Buch erzählt vom Jungen Sam, der am Strand einen Zwergpottwal endeckt, den er anfangs für tot hält. Doch dann entdeckt er, dass der Wal lebt und unternimmt Anstrengungen, um dem Wal zu helfen, bis er von Erwachsenen Hilfe bekommt…
Allmählich wird Sam mit dem Wal vertraut, baut ihm einen Sonnenschutz und benetzt ihn mit Meerwasser und schickt seinen Hund mit einer Nachricht los, um Hilfe zu holen. Doch dann scheinen alle Anstrengungen von Sams vergebens, als die Higgsbrüder ihn und den Wal entdecken, da beide auf Trophäenjagd aus sind.

Mir gefällt an der Geschichte zu sehen, wie mutig der Junge Sam ist und welch unglaubliche Kraft und Mut er einsetzt, um seinen Wal zu retten und wie ihm dann doch noch Hilfe wird. Besonders schön finde ich die Bilder von Quint Buchholz…

K. M.

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Das große Ida Bohatta Liederbuch

Ida Bohatta
Das große Ida Bohatta Liederbuch

 

Alter: 0 bis 12 Jahre

Wenn wir mit den Kindern singen, pflegen wir nicht nur die Sprachentwicklung, die durch das Hinhorchen auf die Melodien, das Zuteilen der Silben zu Rhythmen und Reimen vertieft wird. Wir geben normalerweise auch etwas Leichtes, Fröhliches in die Lieder hinein, vielleicht sogar mit passender Bewegung, einem Tänzchen oder einigen freudigen Schritten. Die Fröhlichkeit, in gutem Sinne gelebt, ist Balsam für die Kinderseele, die heute von so viel Schwerem umgeben ist.

Das Liedergut der Deutschen Literatur blieb aus unserer Sicht in der Entwicklung stecken. Heute werden in den Schulen moderne, sehr kurzlebige („trendige“) Lieder gesungen, oft mit verarmten Texten und Melodien. Es bestünde dringender Bedarf, die Perlen aus den Volksliedern (wie z.B. „Alle Vögel sind schon da“) wieder aufzunehmen und neue dazuzuschreiben! Volkslieder sind ein Kulturgut, welches unterschiedliche Menschen auf eine schöne Weise zusammenführen und berühren kann.

Das farbenfrohe Singbuch ist sehr schön illustriert und übersichtlich geordnet nach Jahreszeiten und Festen, Tanz-, Spiel- und Schlafliedern. Dank der einfachen Noten ist es möglich, die Melodien begleitend mit Instrumenten zu spielen.

AS

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